06.12.2022

Märchenstunde aus Moskau

 

Liebe Genossen und Freunde,

es hat also eine Angriff auf 2 strategische Stützpunkte in Russland, weitab von der ukrainischen Grenze gegeben.
Beschädigt, möglicherweise dauerhaft zerstört, wurden dabei Kernwaffeneinsatzmittel (Strategische Bomber Tu 22M3). 
Aus meiner Sicht ist es unerheblich, mit welchen Mitteln oder Kräften die Ukraine diese Schläge geführt hat. Hier geht es um einem Angriff auf Kernwaffeneinsatzmittel. Das ist mehr als das Überschreiten einer roten Linie.
Wie wird bzw. muss Russland hierauf reagieren, ansonsten verliert es international an Glaubwürdigkeit oder Ansehen. 

Ich z.B. frage mich schon seit langem, warum in Kiew der Präsidentenpalast noch steht? Pinochet lies bei seinem Putsch gegen Salvador Allende 1973 zuerst den Präsidentenpalast La Moneda als Symbol der Herrschaft Allendes bombardieren. 

Siegfried Eichner

 


Lutz Vogt schrieb:

Und schon wieder gibt es, analog zum "ukrainischen" Angriff auf die Krimbrücke nichts als Lügen aus den Moskauer Amtsstuben. Die politische und militärische Führung Russland versucht, vor allem ihr eigenes Volk zu belügen. Anders können sie ihr Totalversagen in den vergangenen 20 Jahren nicht mehr kaschieren. Die 1990er kann man ja auf Gorbatschow und Jelzin schieben.

In den letzten 2 Jahrzehnten gibt es für die äußere Sicherheit in Russland nur eine Konstante - den obersten Befehlshaber Präsident Putin. Wieder und wieder hat er seinen markigen Worten und zweifellos oft richtigen geopolitischen Anlysen keine Taten folgen lassen. Und wenn doch, dann zu spät und zu wenig. Das erinnert zunehmend an das Verhalten Gorbatschows im Warschauer Vertrag in den 1980er Jahren.

Der gestrige Angriff auf den Atomwaffenstützpunkt Engels stellt, anders als die Schläge gegen die Flugplätze in Rjasan oder Kursk, die Überschreitung einer politischen Grenze dar, die ALLES ändert. Dieser Angriff gegen den Hauptstützpunkt der schweren strategischen Atombomber Russlands betrifft unmittelbar die Nukleardoktrin Russlands. JETZT könnte Russland mit diesen Waffen zumindest theoretisch und im Rahmen seiner Doktrin, zurück schlagen. Die Ukraine kann diesen Angriff nicht ohne Unterstützung der Atommächte USA und Großbritannien bei der Angriffsvorbereitung und Durchführung ausgeführt haben. Das ist schon technisch nicht möglich. Damit haben diese beiden NATO-Atommächte Russland ganz offen den Krieg erklärt. Früheres Schönreden durch "den Kreml" wird hier nicht mehr helfen.

Im Ergebnis wurden mindestens zwei der russischen Atombomber Tu-95 MS zumindest schwer beschädigt. Sie sind außer Gefecht. Zwei Kernwaffeneinsatzmittel der strategischen Triade hat Russland bei diesem begrenzten Angriff verloren. Neben dem militärischen Schaden entstand auch ein viele Millionen (Euro/Dollar) schwerer Schaden.

Das sehen auch immer mehr russische Webseiten so. Im russischen Volk wird sich ganz schnell herumsprechen, wer hier die wirkliche Verantwortung trägt.

Andere Staaten werden sich angesichts des defacto Totalversagens Russlands beim Schutz seiner Atomwaffen ebenfalls viel Fragen stellen.

Die angehängten Bilder zeigen u.a. die alte sowjetische Zieldarstellungsdrohne Tu-141 "strish"/"Schwalbe", mit der angeblich die Angriffe auf die russischen Bomber erfolgten. Die Reichweite dieser Drohne beträgt ca. 1000 km. Sie soll gegen Engels mit ihrer maximalen Reichweite eingesetzt worden sein. Im Zielgebiet zu treffen, wird allerdings am Rande der Reichweite sehr schwierig. Falls dieser Uraltvogel tatsächlich eingesetzt wurde, dann nur in stark modernisierter Form. Vor allem benötigte er ein neues GPS-Navigations- und Steuergerät und einen großen Gefechtskopf. Eine Zieldarstellungsdrohne hat keinen Gefechtskopf. Wozu auch? Machbar wäre so ein Umbau. Ein Neubau wäre allerdings wesentlich sinnvoller.

Die Tu-141 ist alles mögliche - nur kein Stealth-Flieger. Und dieser Vogel soll nach offizieller russischer lesart aus dem Kriegsgebiet Ukraine über die dortige russische Luftabwehr unbemerkt fast 1000 km zielstrebig bis zur Atombomberbasis Engels geflogen sein?

Das ist entweder Nonsens oder eine bewusste Lüge zur Vertuschung der wirklichen Lage oder sogar zur Täusch der Öffentlichkeit zur Verdeckung unbekannter Ziele bestimmter Leute in Russland. Sowas gab es zum Ende Gorbatschows schon einmal mit dem "Irrflug" einer Mig-23 bis kurz vor Brüssel.

Alternativ haben wir hier das Totalversagen der russischen strategischen und taktischen Luftverteidigung. Schaut man mal auf Google-Earth, dann ist rund um Engels keine einzige Stellung von S-400 oder ähnlicher Systeme zu erkennen. Selbst taktische Systeme wie Panzir, Thor oder Bug sind jedenfalls nicht einmal innerhalb des Flugplatzgeländes zu erkennen. Die russischen Basen in Syrien sind hingegen voll mit allen systemen der Luftabwehr großer und kurzer Reichweite plus Systeme des FEK. Im Herzen Russlands fehlt all dies. Es wollte sich wohl niemand überhaupt vorstellen, dass dort irgendetwas geschehen könnte. Die russische Führung hat nichtmal einen Schimmer, was die Streitkräfte der USA und Großbritanniens alles können. Und sie haben die Soldaten dazu und die entsprechenden fähigen und erfahrenen Kommandeure und Planer. Und sie alle handeln im Auftrag (nicht nur mit Deckung) des Weißen Hauses und Downing 10. Auch die ukrainischen Soldaten und ihre Befehlshaber haben ihr Können seit einem dreiviertel Jahr immer wieder bewiesen.

Das Scheunentor in der Luftverteidigung der Luftwaffenbasis in Engels steht dort offenbar weit offen. Trotz der Dislozierung der Raketendivision Tatischtewo, die mit "Topol"-Raketen ausgerüstet ist, auf der anderen Wolgaseite, nicht weit entfernt von Engels. Angeblich können laut Moskauer Verlautbarung in dieser Region ukrainische Drohnen frei rumfliegen.

Alles keine Dinge, die man aus Moskau den Russen erklären kann, ohne berechtigte Forderungen nach Rücktritt als Antwort zu erhalten. Auch nach 10 Monaten Krieg sitzen in den Führungen der meisten Waffengattungen und Teilstreitkräfte immer noch die Verantwortlichen für all diese Zustände in den russischen Streitkräften, für die Engels, Rjasan und Kursk nur weitere Symbole des Versagens geworden sind. Nach dem Untergang der "Moskau" und anderen Debakeln. Es reicht eben nicht, nur auf den operativen Ebenen kriegserfahrene und bewährte Soldaten aller Ränge in Kommandeurspositionen zu bringen. Sie können unmöglich erfolgreich kämpfen, wenn ihre Vorgesetzten immer noch die alten, unfähigen Generäle sind. Mittlerweile lautet die Frage nicht mehr, wer "es" denn machen solle. Die Frage lautet, dass die Verursacher des Niedergangs der russischen Streitkräfte schnellstmöglich weg müssen. Für komfortable Datschen haben sie ja alle gesorgt. Dort gehören sie auch hin.

Noch was technisches:
Neben der Variante, dass die Angriffe durch uralte Tu-141-Drohnen erfolgt wären, gab es von Anfang an auch die Variante, dass "ukrainische" Diversionsgruppen im tiefen Hinterland Russlands operieren. Machbar ist das durchaus. Sprachbarriere gibt es nicht. Wie die Kontrollen in Russland "funktionieren", haben wir bei der Krimbrücke gesehen.

Die Schadenskontrolle per kosmischem Foto bei der Tu-22 M3 in Rjasan (siehe Anhang) spricht eher für einen erfolgreichen Angriff von Spezialeinheiten. Ein großer Sprengtrichter und verstreute Trümmerteile einer Tu-141 fehlen VÖLLIG. Getroffen wurde ein Fahrzeug, das gerade eine Tu-22 M3 betankte. Dem entspricht auch das Schadensbild. Der Angriff wurde mit einer gelenkten Drohne (?) mit begrenzter Sprengkraft und äußerst gezielt ausgeführt. Genauso sieht es dann hinterher aus. Welche Waffe es genau war ist hier sekundär.

Die im Internet veröffentlichten Handyfotos der Explosion (Explosionen?) in Engels hingegen zeigen einen sehr großen und sehr hellen Feuerball. Das sieht auch eher nicht nach einem Sprengkopf einer Tu-141 aus. Im Normalfall haben diese Drohnen ja keinen Gefechtskopf. Der ist schwer und würde die Reichweite der ursprünglichen Zieldarstellungs-Drohne stark verringern. Was war es also dann? Eine andere, westliche Drohne? Oder eben auch der Angriff durch Spezialkräfte mit welchen Waffen auch immer?

Diese eher technischen Details schicke ich nur als Bemerkungen am Rande. Alles zusammen führt zwangsläufig zur Feststellung dass die russische Militärführung UND etliche russische Dienste der Abwehr und Aufklärung versagt haben. Und nochmal - seit Jahrzehnten wird in diesen Kreisen auf höchsten Ebenen gelogen und betrogen. Wenn nicht einmal gleich mehrere Objekte der strategischen atomaren Abschreckung de-facto nicht gesichert sind, was ist denn mit dem ganzen Rest? Bitte sage keiner, dass es anderswo vielleicht besser sei. Diese "Hoffnung" platzte in den vergangenen 10 Monaten doch schon x-Mal als Luftblase.

In der Tat bestätigen sich jetzt die Analysen auch etlicher russischer Politiker und Denkfabriken, dass der Elitenaustausch in Russland nicht nur längst überfällig ist, sondern auch bis in vorher ungeahnte Tiefen gehen muss. Oft genug geht es schon lange nicht mehr um Einzelfehler, sondern um systemische Krebsgeschwüre. Da helfen nur tiefe Schnitte. Vor allem sollte sich jeder in so einer Lage vor angeblich ausgewogenen Forderungen und Formulierungen hüten. DIE dienten schon immer nur dazu, möglichst viel so zu lassen wie es ist. Vor allem sollen die alten Posteninhaber bleiben, wo sie sind.

Im Krieg gibt es ein Kommando für alle, das eher im politischen Sinne gilt: Alle Hosen runter! Und nun sehen wir, was sich darunter verbarg. Es gibt viel zu tun im großen Land. Immer noch.

Schöne Restwoche

Lutz Vogt

 

Drohne zur Zieldarstellung von Tupolew Tu-22M3 Rjasan - Luftbild Drohnenangriff Tu-22M3 Rjasan nach Drohnenangriff

 

Unsere Webseite verwendet für die optimale Funktion Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.