13.05.2024

08. Mai 2024 – Die RG Bautzen/Oberlausitz zum Tag der Befreiung

 

Es ist schon etwas verwunderlich, wenn man in der Presse von der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage einer Bundestagsabgeordneten entnehmen muss, dass sie selbst keine Veranstaltungen zum Tag der Befreiung plant und dass der Kanzler und die Minister auch nicht an Veranstaltungen anderer aus diesem Anlass teilnehmen (ND 04.05.2024, S.9). Die Abgeordnete fragt deshalb zu Recht, ob die Befreiung aus dem Bewusstsein gelöscht werden soll. Für sie gebietet es bereits der Anstand, Blumen auf die Gräber von Menschen zu legen, die ihr Leben für unsere Freiheit gegeben haben.

Für unsere Gruppe war es aus unserer traditionellen Haltung zu verschiedenen Gedenktagen und besonders aus der aktuellen politischen Situation eine Selbstverständlichkeit, sich öffentlich zu zeigen und sowohl den Befreiern als auch der vielen Menschen, die dem vom Faschismus bewirktem Krieg zum Opfer fielen, zu gedenken. Unsere Gruppe traf sich am sowjetischen Ehrenhain an der Muskauer Straße in Bautzen, der erst kürzlich mit einem Mehrheitsbeschluss des Bauausschusses der Stadt, wenn auch unter stark idiologisch geprägten Zustimmungen, Enthaltungen und Ablehnungen, wieder in einem der Bedeutung zukommenden Zustand versetzt wurde. Auf dem Friedhof sind über 3000 Angehörige der Roten Armee beigesetzt. Sie kamen 1945 bei den Kämpfen im Raum Weißenberg/Bautzen um das Leben oder waren als Kriegsgefangene durch unmenschliche Zwangsarbeit in Bautzner Betrieben zu Tode gekommen. Mit uns gemeinsam gedachten weitere antifaschistische Kräfte, wie Vertreter der Partei Die Linke und des VVN-Bundes der Antifaschisten. Leider gab es in Bautzen keine einheitliche Orientierung des Gedenkens durch staatliche oder gesellschaftliche Initiativen.

Ein kleinerer Teil unserer Gruppe folgte in Kamenz der Einladung des Oberbürgermeisters der Stadt, Herrn Roland Dantz (parteilos), und des Fördervereins “ KZ-Außenlager Kamenz – Herrental“. Trotz eines Werktages folgten über 40 Bürger der Einladung und trafen sich am sowjetischen Ehrenmal am Fuße der gern besuchten Parkanlage am Kamenzer Hutberg. 18 Angehörige der Roten Armee sind dort bestattet. In seiner Gedenkrede hob Herr Dantz besonders hervor, dass die Sowjetunion die Hauptlast beim Sieg über den Faschismus trug. Er würdigte aber auch, dass es in Kamenz eine Handvoll mutiger Männer gab, die bereit waren mit dem Hissen der weißen Fahne die Stadt vor der völligen Zerstörung zu retten. Aus der Geschichte könne man lernen, dass es Mut braucht und die Einsicht, wenn ein Kampf unsinnig geworden ist. Ein anschließender Rundgang führte über den St.Just-Friedhof, wo mehrere, meist unbekannte Menschen, die in den letzten Kriegsmonaten noch einen sinnlosen Tod fanden, bestattet sind. Ziel des Rundganges war die Gedenkstätte „KZ-Außenlager“ im Herrental (in der DDR bekannt als Tal der Widerstandskämpfer). In einem Textilbetrieb waren bis März 1945 etwa 1000 Häftlinge und Zwangsarbeiter aus 21 europäischen Nationen eingekerkert und mussten in mehreren Kamenzer Betrieben bis zur Erschöpfung arbeiten. Arbeitsunfähige wurden durch die Giftspritze ermordet und in der Kesselanlage der Tuchfabrik verbrannt. Der „blaue Rauch“ stieg auf – der erhaltene Schornstein der Fabrik und 182 bekannte Namen von Opfern auf mehreren Tafeln mahnen heute!

Bei allem Gedenken kam in den Reden und Diskussionen zum Ausdruck, dass der zunehmenden Kriegshysterie und dem immer stärker werdenden Ruf nach mehr Waffen Einhalt geboten werden muss. Frieden ist die erste Voraussetzung für ein menschliches Miteinander und für die Verhinderung jeglichen Leides – ganz im Sinne eines Zitates von Aristoteles vor fast zweieinhalb Jahrtausenden, dass auch Leitspruch des Gedenkens in Kamenz wurde: „Es reicht nicht aus, den Krieg zu gewinnen. Es ist viel wichtiger, den Frieden zu organisieren!“

Erhard Heinze
Oberstleutnant a.D.

sowjetischer Ehrenhain Bautzen sowjetisches Grab- und Ehrenmal Kamenz, Am Hutberg Gedenkstätte "KZ-Außenlager Kamenz Herrental"

 

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