24.01.2024

 

Im KOMPASS 4-23 hat Generalleutnant Horst Sylla über die Offiziershochschule der Landstreitkräfte "Ernst Thälmann" von der Gründung bis zur Abwicklung berichtet. Bevor der neue KOMPASS erscheint, möchte ich eine Ergänzung von Oberst a.D. Wolfgang Herzig zur seiner Arbeit an der ehemaligen OHS der Landstreitkräfte nach der Wende veröffentlichen. Vor dem 1.März ist das ja auch ein schöner Beitrag zur Erinnerung an die schwierige Zeit, durch die sich jeder nach 1990 durchkämpfen musste. Hier hat der Autor einen großen Anteil daran, dass viele junge ehemalige Offiziersschüler mit dem Abschluss als Diplom-Umweltwirt (FH) einen guten beruflichen Start in die neue Gesellschaft bekommen haben.

Harald Neubauer
Oberstleutnant a.D.

 

Der schwierige  Übergang

von  Oberst a.D. Wolfgang Herzig

 

Vor den Führungen der Sektionen der OHS der LaSK „Ernst Thälmann“ stand 1990 die Frage wie es weitergehen soll. Am Beispiel der Sektion 7, Chemische Dienst, möchte ich aufzeigen, dass es trotz der großen Schwierigkeiten gelungen ist, einen für die meisten Angehörigen der Sektion vertretbaren Übergang zu sichern.

Nach Beendigung des höheren akademischen Kurses an der MA für Chemischen Schutz in Moskau und der Entlassung der über 55-jährigen Armeeangehörigen, stand ich 1990 vor der Aufgabe, die Sektion m.d.F.b. zu führen.

Gemeinsam mit den Leitern der Lehrstühle und der Sektionsführung berieten wir die weiteren Aufgaben. Durch die Führung der OHS wurde offenbar im irrigen Glauben, dass die Schule weiter existieren würde, festgelegt, dass alle Sektionen aus Löbau an den Standort Zittau zu verlegen haben. Unter Verweis, dass damit die Basis für die weitere Ausbildung der Offiziersschüler der Sektion wegbrechen würde, erreichte ich, dass wir in Löbau blieben und unsere Ausbildungsbasis weiter nutzen konnten. Für die anderen „Löbauer“ Sektionen brachte dieser „Umzug“ einen großen Arbeitsaufwand und eine Verschlechterung der Ausbildungsbedingungen mit sich. Die Ausbildung der Offiziersschüler lief bis zum Datum des Beitritts gemäß Ausbildungsplan weiter. Es wurde aber immer deutlicher, dass mit dem Beitritt der DDR zur BRD auch das Ende der OHS kommt und wir uns auf eine zivile Ausbildung bzw. Weiterbildung für die vielen dann sich neu orientierenden zu müssen konzentrieren mussten. Auf den verschiedenen Veranstaltungen mit westdeutschen Bildungsträgern wurden wir auf das uns zukommenden Bildungschaos eingestimmt. In dieser angespannten Situation erarbeitete der Lehrkörper ein Programm zur weiteren zivilen Ausbildung auf dem Gebiet des Umweltschutzes für die Offiziersschüler, die bereits das zweijährige Grundlagenstudium abgeschlossen hatten. Einen entscheidenden Anteil an der Ausarbeitung dieses Programmes hatte Oberst a.D. Prof. Dr. Franke. Gemeinsam mit OSL a.D. Dr. Meyer fuhr ich an die Fachhochschule Reutlingen und an die Bundesakademie für Wehrtechnik und Wehrverwaltung, die ein gleichgeartetes Studienprofil besaßen, und holte entsprechende Gutachten zu unserem Programm ein. Durch das Wissenschaftsministerium des Freistaates Sachsen wurde unser Ausbildungsprogramm ohne wesentliche Korrekturen bestätigt. Nach weiteren 2 Jahren Ausbildung konnten die ehemaligen Offiziersschüler ihr Studium als Diplomumweltwirt (FH) abschließen.

Aber nicht nur vor den Offiziersschülern, sondern auch vor dem Lehrkörper und den anderen Armeeangehörigen und Zivilbeschäftigten stand die Frage wie weiter? Ich sah es als meine Aufgabe und Verpflichtung an, nach Möglichkeiten zu suchen, allen Angehörigen der Sektion einen Übergang in die neue Situation zu sichern. Das ist jedoch nicht in allen Fällen gelungen. Der Situation entsprechend, entschied ich mich, alle Angehörigen der Sektion aktuell über die laufenden Maßnahmen und Möglichkeiten zu informieren. Das hieß auch, dass oftmals kurzfristig der Personalbestand zusammengerufen werden musste. Dabei informierte ich über die Festlegungen, die durch die Führung der OHS getroffen wurden und auch über die Aktivitäten, die auf der Suche nach Partnern für die weitere Aus- und Weiterbildung durch mich unternommen wurden. Ich empfahl allen Armeeangehörigen sich für eine Übernahme in die Bundeswehr zu bewerben, obwohl mir klar war, dass das im Widerspruch zu unserem bisherigen Dienst in der NVA stand. Ich wollte aber verhindern, dass man hinterher die Frage stellt warum wir das nicht getan hätten.

In vielen Gesprächen mit Bildungsträgern aus der Alt-BRD versuchten wir, einen passenden Partner zu finden. Letztendlich gelang es mir, mit der TÜV Akademie Ostdeutschland, Mitglied der TÜV Rheinland Gruppe, einen Partner zu finden.

Die Ausbildung der Offiziersschüler des neuen 3. und 4. Studienjahres wurde nach dem Beitritt entsprechend unseres bestätigten Programms fortgesetzt. Der Lehrkörper wurde, von wenigen Lehroffizieren abgesehen, die eine Entlassung vorzogen, in einem zeitweiligen Dienstverhältnis für 10 Monate weiter beschäftigt. Das brachte für einige Offiziere auch eine Herabsetzung im Dienstgrad mit sich. An dieser Stelle muss auch gesagt werden, dass uns der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr in dieser Zeit aktiv unterstützte und auch für den Ankauf von modernen Analysegeräten, wie z.B. ein Atomabsorptionsspektrometer, verantwortlich war. Schließlich erfolgten im Juli 1991 die Personalgespräche und zum 01. August die Übernahme der ehemaligen Sektion in die TÜV Akademie Ostdeutschland. Damit erfolgte auch die Entlassung der zeitweilig beschäftigten Lehroffiziere aus der Bundeswehr. Fortan bildeten wir, im Bestand des Ausbildungszentrums Löbau/Zittau der TÜV-Akademie Ostdeutschland, die bisherigen Offiziersschüler sowie Hoch-und Fachschulabsolventen in einem 2-Jahreskurs zu Diplomumweltwirten (FH) aus und führten eine Reihe von Umschulungsmaßnahmen im Bereich Umweltschutz durch. Die Laborbasis wurde als Umweltlabor im Freistaat Sachsen anerkannt.

Im Sommer 1990 begann der Prozess der Vorbereitung der Übernahme der NVA durch die Bundeswehr. Auch an der OHS war eine große Gruppe von Bundeswehroffizieren tätig. In meine Sektion kamen 3 Offiziere, 1 vom Heeresamt und 2 von der ABC-Abwehrschule Sonthofen. Hier muss ich sagen, dass diese Offiziere keinerlei Vorstellungen hatten, auf welch hohem Niveau die Ausbildung in der Sektion erfolgte. Mit großen Augen bestaunten sie unsere Laborbasis mit einem chemischen und einem radiologischen Labor. Beide Labore entsprachen dem damaligen Stand bezüglich des Umweltschutzes. Auch die übrige Lehrbasis mit den Funktionsmodellen der Spezialtechnik, der Lehrklasse KC-Aufklärung u.a. sorgte für großes Staunen. Man muss sagen, dass sie so etwas nicht erwartet hatten. Am liebsten hätten sie alles nach Sonthofen geschafft, aber alles was für die Ausbildung erforderlich war, verblieb in Löbau. Hier konnte auch gezeigt werden, dass sich die Ausbildung der zukünftigen Offiziere des Chemischen Dienstes der NVA auf einem hohen wissenschaftlichen und technischen Niveau befand.

Abschließend kann ich feststellen, dass es mir, gemeinsam mit den Angehörigen der Sektion, gelungen war, sowohl für einen Großteil des Lehrkörpers aber auch der Offiziersschüler, den Beginn einer neuen Berufsorientierung zu organisieren.

 

 

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