Auf der Seite der Interessengemeinschaft Grenzernachlässe und Archiv (IGRA) wurde folgender Beitrag veröffentlicht:

 

Traditionspflege - Herzenssache der Grenzer

von Oberst a.D. Edgar Robitzsch

Als im Monat Oktober das Ende der Sommerzeit angekündigt und der Herbst eingeleitet wurde, trafen sich bei spätsommerlichen Wetter im Landkreis Dahme Spreewald an traditionsreicher Stätte in Bestensee ehemalige Angehörige der Grenztruppen der DDR zu zwei bedeutsamen Veranstaltungen.
Am Freitag, den 23. Oktober 2015, waren das die Mitglieder der „Interessengemeinschaft Grenzernachlässe und Archiv" (IGRA) zu ihrer traditionellen Jahresversammlung. Dieser Veranstaltung folgte am Samstag, den 24. Oktober 2015, das 30. Grenzertreffen der Gesellschaft zur rechtlichen und humanitären Unterstützung e.V, (GRH). Beide Treffen, an denen ich teilnehmen konnte, erfüllten meine Erwartungen in beeindruckender Weise.
Teilnehmer aus vielen ehemaligen Standort- und Wohnbereichen der Grenztruppen der DDR scheuten nicht die langen Wege nach Bestensee, um sich mit ihren ehemaligen Kampf- und Weggefährten zu treffen. Die Atmosphäre war von Herzlichkeit und Verbundenheit, die sich kaum mit Worten nachvollziehen lässt, geprägt.
Teilweise bereits im hohen Alter und von beträchtlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen demonstrierten sie den unbeugsamen Willen, ihre Biografien entgegen allen Angriffen und Anfeindungen würdevoll zu vertreten. Beeindruckend war für mich das in vielen Gesprächen immer wieder zum Ausdruck gebrachte Selbstverständnis für ihren friedenserhaltenden Dienst als Grenzer.
Nicht zu übersehen sind die Zeichen, die die seit 1990 zurückgelegten 25 Jahre, die ihnen persönlich und auch dem Kreise ihrer Familien und Freunde sowohl freudige Ereignisse als auch Schicksalsschläge brachten, bei ihnen hinterlassen haben.
Herzliche Anteilnahme und Mitgefühle prägten in diesem Zusammenhang den Inhalt und die Atmosphäre vieler Gespräche und Kontakte. Eingeschlossen darin war das stille Gedenken an die in diesem Jahr verstorbenen Freunde und Genossen. Sie fehlen uns. Wir werden ihre Namen und ihre Vermächtnisse immer in Ehren halten. Ihre Nachlässe, Biografien und Zeitzeugendokumente haben in unserem Archiv einen würdigen Platz gefunden.
Auf unserer Jahresversammlung konnten wir auf eine gute Bilanz beim sammeln, aufbereiten und archivieren von Grenzernachlässen verweisen. Gegenwärtig befinden sich in unserem Bestand 5110 Archivalien, davon 426 Bücher und Broschüren, 3500 Befehle und andere militärische Dokumente, 765 Sachnachlässe und 768 Zeitzeugendokumente, unter anderem eine beträchtliche Anzahl Biografien und Lebensläufe. Diese Gesamtdokumentation, die bisher manuell bzw. computergestützt erfasst und nachgewiesen wurde beträgt 160 000 Seiten. Weitere 31691 Fotos und Dias ergänzen den Bestand des Archivs. Bewundernswert ist der ehrenamtliche unermüdliche Einsatz von Oberst a.D. Heinz Schubert und der Oberstleutant a.D. Roland Potstawa und Günter Thrömer, die in ungezählten Stunden eine solche gewaltige Leistung bei der Ausgestaltung des Archivs und der Bewahrung der Nachlässe vollbrachten.
Ein weiterer bedeutsamer Bestandteil, der sich würdig in die Bewahrung der Pflege der Traditionen einordnet besteht auch darin, anhand von Zeitdokumenten zu einer authentischen Betrachtung der Geschichte der Grenzsicherungsorgane der SBZ und der DDR beizutragen. Auch in diesem Jahr waren wieder Mitglieder der IGRA auf vielfältige Art und Weise an der Umsetzung dieser Aufgabe beteiligt. Einen festen Platz nahmen dabei die im Ergebnis von wissenschaftlichen Projekten veröffentlichten Dokumentationen wie "Die „ Bewaffnung der Grenzsicherungsorgane..." oder „ Die Ausgestaltung des Grenzregimes in der SBZ und in der DDR 1946 bis 1960" ein. Folgerichtig wurden weitere Projekte auf der diesjährigen Jahresversammlung beschlossen. Weitere Initiativen auf diesem Gebiet wurden unter Nutzung der Internetseite der IGRA (www.igra.gt.de) ausgelöst. Unter anderem der Beitrag „Disput zur Geschichte der Grenztruppen der DDR". Dieser und andere Beiträge hatten über eine längere Periode eine breite Aussprache zur Folge, in deren Ergebnis eindeutige und zustimmende Positionen zum Grenzregime der DDR der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.
Die nunmehr geschaffene Möglichkeit, über elektronischem Wege (E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) Kontakt mit den Betreibern dieser Seite aufzunehmen kann künftig noch intensiver für den Meinungs- und Informationsaustausch, auch für Kritiken oder Vorschläge, genutzt werden.
Darüber hinaus machten die beiden Veranstaltungen besonders deutlich, dass das Interesse für den Umgang mit der Geschichte und der Entwicklung der Grenztruppen der DDR sehr groß ist.
Deutlich war zu verspüren, und darüber waren sich alle Teilnehmer einig, dass sie im Kreise Gleichgesinnter noch enger in ihrem Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit in der Auseinandersetzung mit dem herrschenden Zeitgeist bei der Darstellung der Geschichte eintreten  müssen. Zugleich widerspiegelte sich aber auch übereinstimmend das Bedürfnis, sich mit aktuellen Fragen der Politik und der Gesellschaft in der Gegenwart kritisch auseinanderzusetzen. Besonders war das im zeitlichen Kontext zu erkennen. Das betraf besonders die gegenwärtig verlaufende Flüchtlingskatastrophe und ihre tatsächlichen Ursachen.
So wurde zum Beispiel das zentrale Thema des Grenzertreffens „Die Mauer und die Festung Europas" zum Anlass genommen, sich auch mit diesen und anderen bedeutsamen Ereignissen zu beschäftigen.
Besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Hauptreferenten Oberst a.D. Jochen Sladko.
Sein Vortrag fand hohe Wertschätzung und Anerkennung. Es bleibt dabei: Kriterium für die Beurteilung der Traditionstreffen der Grenzer ist und bleibt die Praxis.
Deshalb sind vereinzelte Meinungsäußerungen, die die Bedeutung und die Rolle der Traditionskollektive als „Kaffeekränzchen" herabwürdigen und klein reden wollen, völlig weltfremd und fehl am Platze.
Selbst das Kaffeekränzchen als regelmäßig gemütliche Zusammenkunft, bei der auch der Humor, die Anekdote und das Liedgut nicht zu kurz kommen, gehören zu unserem Leben.
Solche Kollektive wie die Kameradschaft „Florian Geyer" oder das Traditionskollektiv „Walderholung" in Sonneberg und viele andere Gemeinschaften beweisen in überzeugender Weise:

Grenzer halten zusammen und stehen fest zu ihren Biografien!

 

Oberst a.D.Edgar Robitzsch            
Leipzig im November 2015
 

 

Unsere Webseite verwendet für die optimale Funktion Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.