Zum 60. Jahrestag der Indienststellung
der ersten TS-Boote des Projektes 183

Admiral a. D. Hoffmann

Anfang Oktober 1957 war der Zugang zum Hafen Parow untersagt. Nur die Angehörigen der zukünftigen 6. Torpedo Schnellbootsabteilung hatten Zutritt.
Die Straße, die entlang des Hafens führte, war durch Taue abgesperrt.
Selbst dem Kommandeur der Flottenschule, Korvettenkapitän Lehmann, blieb der Zugang verwehrt, was er jedoch überhaupt nicht verstand.
Was war geschehen? Die ersten 6 Torpedoschnellboote der 6. Torpedoschnellbootsabteilung waren eingetroffen.

Am 8. Oktober 1957 gaben Oberleutnant Laletin von der Baltischen Flotte dser UdSSR und Leutnant zur See Hempel von den Seestreitkräften der DDR, Kommandant des ersten Torpedoschnellbootes der noch jungen Seestreitkräfte der DDR, die Kommandos zum feierlichen Flaggen Wechsel. Gleichzeitig wurde auf weiteren 5 Booten der Flaggenwechsel vollzogen. Drei weitere Boote folgten am 19. Oktober 1957.

Damit war die 6. Torpedoschnellbootsabteilung aufgefüllt Am 7. September 1960 waren auch die 2. und 4. Torpedoschnellbootsabteilungen und somit die Torpedoschnellbootsbrigade, die am 1. Januar 1960 gebildet worden war, voll aufgefüllt.
Damit war auch der Grundstein für die Stoßkräfte der Volksmarine gelegt.

Die Torpedoschnellboote verkörperten auf Grund ihrer Aufgabenstellung und technischen Ausrüstung eine neue Generation der Kräfte der Seestreitkräfte.
Der Personalbestand der Schnellboote war sorgfältig ausgewählt und wurde während einer Baubelehrung auf die Übernahme der Boote vorbereitet.

Praktische Erfahrungen sammelten die Besatzungen auf den Booten der Schulflottille bzw. 7. Flottille. Die Besatzungen waren begeistert von ihren Booten und meisterten schnell die neue Technik Zur Unterstützung der Ausbildung waren anfänglich noch Instrukteure der Baltischen Flotte der UdSSR anwesend.

Im Sommer 1958 nahm die 6. TS -Abteilung erstmalig an einer gemeinsamen Übung der verbündeten Flotten teil.
Die an dieser Übung teilnehmenden Schnellbootsfahrer werden diese Übung immer im Gedächtnis behalten. Es war stürmisches Wetter und die Ostsee war aufgewühlt. Die Grenze für den Torpedo-einsatz war erreicht. Die eisernen Matrosen auf ihren hölzernen Booten rechtfertigten das in sie gesetzte Vertrauen und erhielten Anerkennung von den Angehörigen der verbündeten Flotten.

Bis zur Auflösung der Torpedoschnellbootsbrigade im Jahre 1971 und der Außerdienstellung der letzten Boote des Projektes 183 haben die Torpedoschnellboote an allen nationalen und gemeinsamen Übun-gen teilgenommen und wurden dafür wiederholt ausgezeichnet. Sie wirkte eng und erfolgreich mit den Flottenkräften der eigenen Seestreitkräfte und der verbündeten Flotten zusammen.

Zu den bemerkenswerten Leistungen der Besatzungen der kleinen Boote gehört auch die Rettung von Seeleuten der Fischereiflotte und der Volksmarine aus Seenot.

Im Interesse der Wahrnehmung der Rechte der DDR auf Hoher See wurde aus den Reihen der TS-Boo-te Bereitschaftsdienst durchgeführt, der ab Beginn des Jahres 1971 in den Status des gemeinsamen Gefechtsdienstes der verbündeten Flotten überführt wurde.

Die Torpedoschnellboote erlangten wertvolle Angaben über die Kräfte und Mittel der NATO in und ihren möglichen Einsatz.

Der Gefechtsdienst als grundlegender Bestandteil der hohen Gefechtsbereitschaft forderte den Ange-hörigen der Volksmarine und ihren Familien sehr viel ab. Die Entbehrungen wurden jedoch in dem Bewusstsein getragen, dass sie ein Beitrag zur Erhaltung des Friedens sind, worin auch ihr Sinn bestand.

Bedeutende Höhepunkte in der Geschichte der Schnellboote waren die Verleihungen der Truppen-fahnen an die Abteilungen und die Brigade und von Traditionsnamen an die Boote.

Die Torpedoschnellbootsbrigade war auf Grund der Leistungen ihrer Angehörigen ein Schrittmacher-truppenteil.

Seit 1957, dem Zeitpunkt der Indienststellung der ersten Torpedoschnellboote Projekt 183 bis zur Außerdienststellung der ersten Boote 1970 haben rund 5 000 Angehörige der Seestreitkräfte/Volks-marine auf diesen Booten gedient oder ihren Einsatz sichergestellt. Sie alle hatten den Wunsch und den Auftrag mit der Waffe in der Hand dafür zu sorgen, dass für das Volk der DDR und die Nachbarvölker Frieden ist.
Sie verband das gemeinsam Interesse an der Seefahrt und moderner Technik und natürlich auch Abenteuerlust.

Schnellbootsfahrer sind geprägt von einem besonderen Geist, der bestimmt wird durch das Zusam-menleben auf engstem Raum, durch die Tatsache, dass jeder an Bord gleich wichtig ist, da jede Dienststeilung nur einmal besetzt ist, woraus auch die Forderung nach gegenseitiger Ersetzbarkeit resultiert. Das heißt jeder muss mindestens zwei Funktionen beherrschen. Das Zusammengehörig-keitsgefühl erstreckte sich auch auf die Familienangehörigen. Die Familien waren das zuverlässige Hinterland. Sie nahmen am Dienst der Männer und Väter regen Anteil. Oftmals haben sie sich gemeinsam gefreut über das Einlaufen der Boote nach erfolgreicher Erfüllung der Aufgaben in den Stützpunkt Bug, Gager oder anderswo, denn der Motorenlärm der schnellen Boote war weit hörbar.

Viele Besatzungsangehörige haben Später auf anderen Schiffen, an Lehreinrichtungen und Stäben gedient. Hier konnten sie ihrer umfangreichen Erfahrungen weitergeben.
Nach dem Ausscheiden aus dem Dienst sind sie einer zivilen Tätigkeit nachgegangen.
Einige haben sich bewährt als Wissenschaftler, Hochschullehrer, Direktoren von volkseigenen Betrieben und Genossenschaften, als Kapitäne und Offiziere der Zivilflotte der DDR.
Allein 6 Seeoffiziere die auf dem Projekt 183 gefahren sind erreichten den Admiralsrang.

Die Pioniere der Schnellbootsfahrer der DDR haben inzwischen das 80. Lebensjahr erreicht oder überschritten.
Geblieben ist die Erinnerung an ein interessantes Leben und den gemeinsamen Dienst.
Geblieben ist auch das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Sehr oft haben sie sich in den letzten Jahren getroffen und ihre Erinnerungen ausgetauscht.
Sicher wird auch in diesen Tagen die Erinnerung an die Indienststellung der ersten Boote eine Rolle spielen.

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