Geleitwort

Sechzig Jahre sind vergangen, seit unsere Nationale Volksarmee auf Beschluss der Volkskammer der DDR im Jahre 1956 geschaffen wurde. Vierunddreißig Jahre lang erfüllte sie ihre militärischen Pflichten getreu jenem Auftrag, der in der Verfassung der DDR festgeschrieben war.

 „Die nationale Volksarmee und die anderen Organe der Landesverteidigung schützen die  sozialistischen Errungenschaften des Volkes gegen alle Angriffe von außen“.   

Und weiter:

„Die Deutsche Demokratische Republik wird niemals einen Eroberungskrieg unternehmen oder ihre Streitkräfte gegen die Freiheit eines anderen Volkes einsetzen.“

So lautete unser Auftrag, der gleichermaßen politischer und militärischer Gradmesser unseres Handelns war. Wir haben uns messen lassen und sind als Armee des Volkes im Verlaufe von mehr als vierunddreißig Jahren im kalten Krieg diesem unseren Auftrag gemeinsam mit unseren Verbündeten im Warschauer Vertrag treu geblieben.
Zu keiner Zeit haben wir an Kriegen oder militärischen Interventionen teilgenommen, bis zum letzten Tag unseres Bestehens. Das zu unterstreichen ist uns nicht nur Bedürfnis, sondern eherne Verpflichtung. Und darauf sind wir zu Recht stolz.

Im Jahre 1990, mit dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik Deutschland, endete auch die Existenz unserer Nationalen Volksarmee und mit ihr die unseres Leipziger Militärbezirkes.

Mehr als fünfundzwanzig Jahre sind seit dem ins Land gegangen. Viel ist in dieser Zeit  über die Nationale Volksarmee geschrieben worden. Die unterschiedlichsten Veröffentlichungen dazu gehen in die Hunderte.Viele Autoren haben sich daran versucht, mit und ohne Auftrag, dem Mainstream unserer Zeit folgend oder nicht, die Wahrheit verunglimpfend  oder sich zu ihr bekennend.
Erfreulicherweise verfügen wir gegenwärtig über einen reichen Fundes von Veröffentlichungen unterschiedlichster Art aus unseren eigenen Reihen. Wir schreiben unsere Geschichte selbst, ehe sie von anderen verfälscht wird.

Dazu soll auch die vorliegende Arbeit über den Militärbezirk III unserer NVA beitragen.
Jene Männer, die sich bereit erklärt haben, die Geschichte des Militärbezirkes zu beschreiben, tun das aus der Sicht ihres damaligen Verantwortungsbereiches. Ob als Chef des Militärbezirkes, als Kommandeur eines Verbandes, eines Truppenteils oder einer Einheit, ob als Chef einer Waffengattung, eines Dienstes, ob als Politarbeiter oder Mitarbeiter eines Stabes – alle beschreiben erlebte Geschichte aus der Sicht ihres Verantwortungsbereiches, sind echte Zeitzeugen. Das führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Betrachtungsweisen, auch zu unterschiedlichen Schwerpunktbildungen und Verallgemeinerungsstufen. Aus den einzelnen Beiträgen ergeben sich auch Rückschlüsse darauf, zu welchem Zeitpunkt der Autor gedient hat und welche Probleme in der jeweils beschriebenen Periode zu bewältigen waren.
All das war von den Initiatoren dieser Arbeit so gewollt, wie aus ihren Vorbemerkungen hervorgeht. Eine zusammenhängende wissenschaftliche Darstellung der Geschichte des Militärbezirkes sollte oder konnte es nicht werden.

Unabhängig davon und bei aller Unterschiedlichkeit der Betrachtungsweisen – eines haben alle Beiträge  gemeinsam. Das ist das Bekenntnis zur eigenen damaligen Verantwortung, die enge Verbundenheit mit dem eigenen Verantwortungsbereich und das Ringen um bestmögliche Ergebnisse, ja, auch der Stolz auf Erreichtes, der Stolz darauf, dabei gewesen zu sein beim Ringen um den Frieden, jeder an seinem Platz. Da schwingen Emotionen mit, die von der engen Verbundenheit mit unserem Auftrag zeugen.
Und gerade das erscheint mir in heutiger Zeit, in der wir wieder um den Frieden bangen müssen und in der der Krieg den „Oberen“ wieder als geeignetes Mittel zur Lösung politischer Probleme erscheint, von besonderem Wert. Wir haben unseren Auftrag erfüllt.

Auch der Autor dieser Zeilen ist nicht frei von Emotionen, begann doch sein militärischer Dienst  in den für den MB so traditionsreichen Standorten Erfurt, Marienberg, Bärenstein, Spremberg und Zeithain, bevor er nach längerer Pause 1982 als Chef des Militärbezirkes nach Leipzig zurückkehren und ihn nahezu vier Jahre führen durfte .

Auch deshalb gebührt den Initiatoren dieser Arbeit meine Anerkennung, und allen Autoren, die ich in der Mehrzahl noch aus persönlicher gemeinsamer Arbeit kenne, für ihre Bereitschaft und fleißige Arbeit mein Dank, verbunden mit dem Wunsch, dass sich noch viele Mitstreiter von einst aufraffen, ihre persönlichen Erlebnisse aufzuschreiben, um sie für die Nachwelt zu erhalten.
Nachfolgende Generationen werden es uns danken.


Manfred Grätz
Generalleutnant a.D.
Chef des MB  1982 - 1986