01.08.2024

Liebe Mitglieder und liebe Leser,

das Thema "Dienstgrade" wird sowohl an unsere Verbandsmitglieder als auch an die Mitglieder unseres befreundten Verbandes der Fallschirmjäger auch noch nach über dreißig Jahren oft herangetragen und nachgefragt.
Einer, der es ganz genau wissen muss, hat dieses Thema in nachfolgendem Artikel (auch in der Zeitschrift das Fallschirmjäger-Traditionsverband Ost e.V.) sehr gut erläutert. Vielen Dank für die "Nachhilfe" an Major a.D. Reinhard Parchmann.

Harald Neubauer
OSL a.D.

 

Fehlende Sterne –
wie kann ich meinen Dienstgrad laut Stellenplan erreichen?

Wer hat sich während seiner Dienstzeit nicht über eine Beförderung gefreut? Gleichgültig ob es die wichtigsten Dienstgrade mit „G“ waren oder ein anderer Dienstgrad. Während der Ausbildung an den Bildungseinrichtungen haben wir den Tag der Ernennung herbeigesehnt. Klar ein Grund zum Feiern und wieder ein Schritt geschafft.
Im Verlaufe meiner Dienstzeit und der Beschäftigung mit der Geschichte der NVA haben viele Aktive und Ehemalige meinen Weg gekreuzt oder sind mir mindestens die Namen geläufig.
Durch meine letzte Dienststellung in der Abteilung Kader des Kommandos MB V ist mir in Erinnerung wie und durch wen ein Armeeangehöriger zu seinem Dienstgrad kommt.
Heute bin ich überrascht, dass es scheinbar nach dem 3. Oktober 1990 noch Beförderungen gab und einige Ehemalige noch auf ihre Nächste warten.
Uniformträger können durch ihre Dienstgradabzeichen ihre Stellung in der militärischen Hierarchie zeigen.
Jeder Dienstherr erlässt Gesetze und Vorschriften, welche Dienstgrade es gibt, wie Dienstgradabzeichen aussehen und wie sie zu tragen sind. Natürlich gehört zu diesem Reglement, wer wen zu welchem Dienstrad ernennen oder befördern darf.

Die NVA hat am 2. Oktober 1990 24:00 aufgehört zu existieren. Sie und ihre Vorschriften waren ab dem Folgetag Geschichte.

In den folgenden Jahren entwickelten sich vielfältigen Formen der Beschäftigung mit der Geschichte der NVA.
Als Angehöriger der Erlebnisgeneration kann ich hier und da Sachverhalte erklären und Wissensdefizite auffüllen.
Bei Fahrzeugtreffen freue ich mich über gut erhaltene und gepflegte Militärtechnik, die das Herz jedes ehemaligen Kfz.- oder Panzertechnikers höherschlagen lassen. Die Kraftfahrer und ihre Begleiter tragen oftmals Uniformen, die nicht der Bekleidungsvorschrift DV 010/0/005 entsprechen. Die Dienstgrade sind teilweise phantasievoll gewählt. Schau ich auf das Alter oder besser die Jugend, ist klar, sie können es nicht besser wissen. Wenn die Fahrzeuge bis ins Detail Authentizität ausstrahlen sollen, gilt dies gleichermaßen für die Mannschaften. Darüber kommt man ins Gespräch.
Auf die Frage, wie ist der Armeeangehörige zu seinem Dienstgrad gekommen, gilt es zu antworten.
Zum ersten Dienstgrad in der Dienstgradgruppe wurde der oder die Armeeangehörige ernannt, also zum Unteroffizier/Maat, Fähnrich, Unterleutnant oder Leutnant, General/Admiral. Beförderungen erfolgten innerhalb einer Dienstgradgruppe .
Unter dem Stichwort „Beförderung“ im Armeelexikon nachgeschaut, finde ich: „Verleihung eines (höheren) militärischen Dienstgrades an einen Armeeangehörigen (die Verwendung der weiblichen Form war 1971 nicht üblich) innerhalb einer bestehenden Dienstgradgruppe. Die Beförderung im Dienstgrad ist abhängig von der politischen, der militärischen und der persönlichen Eignung sowie der verfügbaren Planstelle“.
Die Dienstlaufbahnordnung legte für die Berufsunteroffiziere, Fähnriche und Offiziere fest, wie lange die Verweildauer im einzelnen Dienstgrad ist, bevor es den nächsten Stern gab. Bei den Unteroffizieren und Fähnrichen änderte sich dies im Laufe der Jahre Einiges. Die DV 010/0/006 regelte, wer wen bis zu welchem Dienstgrad befördern durfte. Hinzu kam die Kaderordnung und für die höheren Dienstgrade und Dienststellungen die Berücksichtigung der Nomenklaturen.
Offiziere ernannte der Minister für Nationale Verteidigung. In seinem Namen nahmen seine Stellvertreter die Zeremonie an den jeweiligen Offiziershochschulen der Teilstreitkräfte und der Grenztruppen vor. Sie überreichten den besten Absolventen des Jahrganges in seinem Namen der Ehrendolch mit Gravur.
So wie die Offiziere wurden auch Unteroffiziere und Fähnriche nach Abschluss der Ausbildung ernannt. Ihre weitere Beförderung erfolge in der Regel zum 1. März oder 7. Oktober jeden Jahres. Generale und Admirale wurden zu den gleichen Terminen durch den Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates ernannt und befördert.
Für Offiziere war zur Beförderung immer ein Befehl über Kader notwendig.
Vorzeitige Beförderungen, die Anlass bezogen sein konnten, waren sehr selten. Sie stellten eine sehr hohe Form der Belobigung da. Der Chef des Militärbezirkes durfte Offiziere vorzeitig bis zum Dienstgrad Hauptmann befördern, die Chefs der Teilstreitkräfte bis zum Oberstleutnant.
Das waren aus meiner Erinnerung einige Regularien für die Beförderungen. Wie oben beschrieben, musste der zu Befördernde erfolgreich Dienst in einer Planstelle (Dienststellung) geleistet haben, in der der ersehnte Dienstgrad erreichbar war. In den Stellenplänen der Truppenteile/Einheiten und Einrichtungen war für jede Planstelle festgelegt, welcher Dienstgrad erreicht werden kann.
Der 3. Oktober 1990 war für uns alle eine Zäsur. Wir konnten uns entscheiden, wechseln wir die Uniform oder in eine zivile berufliche Tätigkeit mit vielen Unbekannten. Die militärische Kariere fand ein abruptes Ende. Für viele Armeeangehörige zerplatzten Lebensträume und Zukunftsvisionen, der Absturz in anderes Leben mit völlig neuen Rahmenbedingungen
Unser Dienstherr kam uns abhanden, damit seine Spielregeln und die Möglichkeit einer weiteren militärischen Beförderung. Wer es hätte anders haben wollen, hätte sich einen neuen Dienstherren suchen müssen.
Ich entschied mich für das Ende meiner militärischen Laufbahn und akzeptierte, dass immer ein Stern „fehlen“ wird. Fehlt er wirklich? Die Akzeptanz und der Respekt meiner Wegefährten und Mitstreiter erwächst nicht aus meinem verfehlten Dienstgrad.

Major a.D. Reinhard Parchmann

 

 

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