Die Berliner Operation vom 16. April bis zum 08. Mai 1945

Zur Erinnerung an den 70. Jahrestag der Befreiung
des Deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus

von Generalmajor a.D. Sebald Daum

Das Jahr 1945 wurde mit groß angelegten Angriffsoperationen begonnen. Auf Bitten Churchills hatte das Oberkommando der Sowjetischen Truppen den Beginn  ihrer geplanten Offensiven auf den 12. Januar 1945 vorverlegt.
Vom 12. Januar bis  Mitte April wurden 16 große Angriffsoperationen durchgeführt und die faschistischen Truppen in Ostpreußen und in Polen geschlagen, große Teile der  Tschechoslowakei, Ungarn und auch Wien befreit und in schweren aber schnellen Kämpfen den faschistischen Heeresgruppen (HGr) „Mitte“, (ab 25.01. HGr Nord, später HGr Weichsel)), der neu gebildeten Heeresgruppe „A“, und „Süd“, schwere Verluste zugefügt. Bis Mitte April wurden sie so bis an die Oder, Neiße und Wien zurückgedrängt.

Auch im Westen hatten die Alliierten Truppen, die 21.AGr unter Feldmarschall Montgomery, die 12. AGr unter General Bradlay und die 6.AGr unter General Devers, mit insgesamt 7 Armeen am 24. März ihre letzte Offensive begonnen und bis zum 19. April Kassel, Magdeburg, Leipzig Chemnitz eingenommen und bis zum Böhmerwald vorgedrungen. Die stark dezimierten 60 Divisionen der Wehrmacht gaben im Westen ihren Widerstand auf. Die Wehrmacht versuchte alle noch verfügbaren Truppen an die Ostfront, insbesondere nach Berlin zu werfen.
Die faschistische Führung und ihr Oberkommando der Wehrmacht versuchten mit allen Mitteln an der Ostfront, ohne Rücksicht auf Verluste, Widerstand zu leisten und mobilisierten die letzten Reserven.

Ausgangslage an den Fronten zu Beginn des Jahres 1945 und der Verlauf der Kämpfe zur Zerschlagung der Faschistischen Truppen bis Mai 1945

Ausgangslage an den Fronten zu Beginn des Jahres 1945 und
der Verlauf der Kämpfe zur Zerschlagung der Faschistischen Truppen bis Mai 1945

Damit waren auch günstige Voraussetzungen geschaffen, den entscheidenden Schlag durch die Rote Armee gegen das faschistische Deutschland, gegen Berlin zu führen.
So standen zu Beginn der Berliner Operation an der gesamten Ostfront den Sowjetischen Truppen die „HGr Weichsel“,  die „HGr Mitte“, sowie die „Armeegruppe Steiner“ und die Armee „Wenk“ (12.A) mit über 90 deutsche Divisionen, darunter 14 Panzerdivisionen, 14 Mech.-Divisionen und 14 selbständige Brigaden gegenüber.
Insgesamt waren das über eine Million Mann, davon in und um Berlin über 200.000, 10.400 Geschütze und Granatwerfer, 1.530 Panzer und Sturmgeschütze und 3.300 Flugzeuge. Dazu kamen der Volkssturm und Einheiten der Hitlerjugend.

Der Plan der Berliner Operation war im Generalstab frühzeitig ausgearbeitet und während der Weichsel-Oder- und Pommerschen Operationen mit den Oberbefehlshabern der vorgesehenen Fronten, koordiniert und präzisiert worden.
Das sowjetische Oberkommando schätzte die Lage real ein und rechnete mit hartnäckigem Widerstand in der in drei Streifen ausgebauten Verteidigung an der Oder und Neiße und insbesondere im Vorraum von Berlin.
Deshalb wurde zur Durchführung dieser letzten entscheidenden Schlacht  eine starke Gruppierung geschaffen, um das entsprechend Übergewicht an Kräften und Mittel zur schnellen Zerschlagung des Faschismus zu erreichen.
Für die Berliner Operation wurden drei Fronten zum Einsatz vorgesehen:
- die 2. Belorussische Front  unter dem Oberbefehl von Marschall der Sowjetunion (SU) Rokossowky,
- die 1. Belorussische Front unter dem Oberbefehl von Marschall der SU Schukow und 
- die 1. Ukrainische Front unter den Oberbefehl von Marschall der SU Konew.
Dazu kamen die 1. und neu aufgestellte 2. Polnische Armee, Teile der Baltischen Flotte, die Dnjepr-Flottille, die 18. Luftarmee, 4 Panzerarmeen sowie 2 Artilleriedivisionen des Oberkommandos.

Durch große Umgruppierungen wurden insbesondere die 1. Belorussische - und 1. Ukrainische Front wesentlich verstärkt,
So hatte
- die 2. Belorussische Front in ihrem Bestand 5 Armeen und die 4. Luftarmee (LA)
- die 1. Belorussische Front - 10 Armeen, davon 2 Panzerarmeen (1. & 2.PA)
- die 1. Polnische Armee und die 16.und 19. LA
- die 1. Ukrainische Front - 7 Armeen, davon 2 PA,(3. & 4.PA)
- die neu aufgestellte 2.Polnische Armee und die 2. LA
in ihrem Bestand
Insgesamt waren das 171 Divisionen, 21  Korps, davon 14 Panzerkorps, 16 Brigaden mit 2.5.Millionen Mann (Kräfteverhältnis: 2,5 : 1), 41.600 Geschütze und Granatwerfer (4 : 1), 6.250 Panzer (4 : 1) und 7.500 Flugzeuge (2,3 : 1).

Der Operationsplan sah vor, dass die 2. Belorussische Front nördlich Schwedt in Richtung  Neubrandenburg, Güstrow vorstoßen sollte, um die 3. PA der Wehrmacht von Berlin abzuschneiden und die Nordflanke der 1. Belorussischen Front zu sichern.
Die 1. Belorussische- und die 1. Ukrainische Front mit Teilen, hatten die Aufgabe Berlin frontal anzugreifen und gleichzeitig mit Teilen nördlich und südlich Berlin zu umgehen und einzukreisen.
Die Hauptkräfte der 1. Ukrainischen Front sollten in Richtung Torgau und Dresden zur Elbe vorstoßen.

Zwei Tage vor Beginn der geplanten Operation wurde an der gesamten Front eine gewaltsame Aufklärung durchgeführt, mit dem Ziel das Feuersystem des Gegners aufzuklären, seine Schwachstellen in der Verteidigung zu erkennen und auch den Gegner über den Beginn der Operation zu täuschen.

Berliner Operation

Am Morgen des 16.April um 05:00 Uhr begann dann mit einer gewaltigen, 30 minütigen Artillerie- und Luftvorbereitung der Angriff der beiden Fronten in Richtung Berlin. Über 500.000 Artilleriegranaten und Bomben wurden in diesen 30 Minuten auf die faschistischen Truppen abgefeuert
Während die Verbände der 1. Ukrainischen Front nach dem Durchbruch der taktischen Verteidigungsstellungen des Gegners schnell in die operative Tiefe vorstoßen konnten, kam der Angriff der 1. Belorussischen Front nur schwer voran. Insbesondere an den Seelower Höhen kam es zu verlustreichen, blutigen Kämpfen auf beiden Seiten.
Erst als das sowjetische Oberkommando dann am 17.April Marschall Konew den Befehl gab mit der 3. Garde Panzer Armee unter dem Befehl von Generaloberst Rybalko, über Zossen vom Süden her nach Berlin und mit der 4. Garde Panzer Armee, Befehlshaber Generaloberst Leljuschenko, in Richtung Potsdam vorzustoßen, gelang es der 1. Belorussischen Front den Widerstand auf den Seelower Höhen zu brechen und am 21. April die Vororte von Berlin erreichen.
Berliner OperationDie Truppen der 2. Belorussischen Front begannen am 20.April ihre Angriffsoperation und  konnten schnell in Richtung Neubrandenburg und Rostock vorstoßen. Teile der 61.Armee der 1. Belorussischen Front und der 1. Polnischen Armee erreichten bereits am 24. April mit den Spitzeneinheiten die Elbe bei Torgau, wo sie mit Einheiten der 9. Amerikanischen Armee zusammen trafen.

Berliner OperationDer Kampf um die Stadt Berlin wurde hartnäckig und verbissen geführt. Am 23.April waren die Truppen der 1. Belorussischen Front mit mehren Armeen bis zur südlichen Stadtgrenze vorgedrungen und nahmen Lichtenberg und Niederschönhaussen in Besitz. Mit der Einnahme von Buckow,Rudow und Lichtenrade am 24.April, wurde der Vorstoß zum Stadtzentrum eingeleitet.
Am 25.April kämpften die Soldaten der Roten Armee schon im Raum Reinickendorf, Wedding, Prenzlauer Berg, Tempelhof und Friedrichshain. Es entwickelten sich hartnäckige Straßen- und Häuserkämpfe, die einen hohen Blutzoll auf beiden Seiten erforderten.

Berliner Operation

Einheiten der 5. Stoßarmee unter Generaloberst Nikolei Bersarin im engen Zusammenwirken mit der 3. Stoßarmee unter dem Befehl von General Kusnetzow, der 2. Garde Panzerarmee, unter dem Kommando von General Katukow, und der 8. Garde Armee unter General Tschuikow, konnten bereits am 24. April trotz erbittertem Widerstand, bis zum Alexanderplatz, zum Schloss, zum Rathaus und zur Reichskanzlei vordringen. Mit starker Artillerie -Unterstützung und mit Panzern musste um jeden Straßenzug und jedes Haus gerungen werden. Die Kämpfe im Stadtzentrum dauerten bis zum 30. April.

Berliner Operation

An diesem Tag gelang den Kämpfern der 150. und 171. Schützendivisionen, der 3. Stoß Armee die unter dem Befehl des Helden der SU, Generalmajor Schatilow stand, der Sturm des Reichstages.
Um 21.50 Uhr am 30.April wurde durch die Sergeanten Jegorow und Kantarija auf dem Reichstag die  Truppen- und Siegesfahne von der 150. Schützendivision gehisst., obwohl  noch in den oberen Stockwerken und den Kellern gekämpft wurde.
Am 1. Mai streckten dann im Reichstag die letzten Soldaten der Wehrmacht die Waffen.
Für den Sturm des Reichstages wurden die Sergeanten Jegerow und Kantarija mit dem Titel „Held der Sowjetunion“ geehrt, sowie viele andere ebenfalls, die sich beim Sturm des Reichstages  ausgezeichnet hatten. Am Sturm auf den Reichstag waren auch Truppenteile der 1.Stoß- und der 8. Garde Armee beteiligt.

Am 2. Mai kapitulierte die „Festung Berlin“ bedingungslos durch deren Befehlshaber General Weidling.
Gleichzeitung wurden auch die eingekesselte Gruppierung im Raum Lübben-Guben zerschlagen und die 12.Armee „Wenk“, die versucht hatte nach Berlin vorzustoßen, vernichtet.
Am 7. Mai stießen Truppen der 1. Belorussischen Front auf breiter Front bis zur Elbe vor.
Die Truppen der 2. Belorussischen Front erreichten in dieser Zeit die Ostseeküste.

Die Kräfte der 1. Ukrainischen Front begannen nach einer Umgruppierung am 6. Mai die Prager Operation zur Befreiung der Tschechoslowakei und Prags.

Damit war die Berliner Operation beendet. Sie dauerte 23 Tage und erstreckte sich auf einer Frontbreite von 300 km und einer Fronttiefe von100 – 220 km.
Durch die sowjetischen Truppen wurden 70 Schützen-, 23 Panzer - und Motorisierte Divisionen der faschistischen Wehrmacht zerschlagen.
Diese, für das faschistische Deutschland sinnlose Schlacht, erforderte auf deutscher Seite mehr als
200.000 Tote und über 480.000 Gefangene.
Die sowjetischen Truppen verloren ebenfalls in dieser Schlacht über 450.000 Mann mit über 78.000 Toten.
Deutschland hatte den von ihr angezettelten Krieg verloren und lag in Trümmern.

Es gab noch Versuche unter Einfluss von Großadmiral Dönitz, dem Nachfolger Hitlers, mit den Westmächten eigene Kapitulationen zu unterzeichnen. So wurde bereits am 4. Mai in Lüneburg, im Hauptquartier Montgomerys eine separate Kapitulation der deutschen Truppen in Norddeutschland in der Niederlande und Dänemarks unterzeichnet. Eine weitere Kapitulation wurde in Reims durch General Jodl unterzeichnet.
Durch den Protest der Sowjetischen Regierung wurde dann die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte in Berlin festgelegt und durchgeführt.

Am 8. Mai erfolgte in Berlin, in Karlshorst die Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation im Beisein aller Vertreter der Mächte der Antihitlerkoalition.

Berliner Operation

Die Kapitulationsurkunde wurde durch Generalfeldmarschalleitel für die Wehrmacht, durch Generaloberst Stumpf für die Luftwaffe und General Admiral von Friedeburg für die Kriegsmarine in Karlshorst in Berlin gegen 0.50 Uhr am 9. Mai 1945 unterzeichnet.
Diese bedingungslose Kapitulation erfolgte unter der Beobachtung der Vertreter der Siegermächte: des Marschalls der Sowjetunion Schukow, des britische Luftmarschalls Tedder, des amerikanischen General Spaatz (Befehlshaber der Amerikanischen  Fernfliegerkräfte) und des Oberbefehlshabers der Französischen Streitkräfte Armee General de Lattre de Tassigny sowie vielen weiteren Generälen und Offizieren der Siegermächte.
Der Krieg in Deutschland war damit beendet, in Deutschland ruhten die Waffen. Das Deutsche Volk war vom Hitlerfaschismus befreit.

Für ihren Heldenmut und gezeigte Tapferkeit bei der Befreiung Berlins und der Erringung des Sieges wurden allein in der 1. Belorussischen – und 1. Ukrainischen Front 1 Million und 141.000 Armeeangehörige mit Orden und Medaillen ausgezeichnet, unter ihnen 600 mit dem Titel „Held der Sowjetunion“.
187 Truppenteile erhielten dafür den Ehrennamen „Berliner …. Regiment“. Viel dieser Truppenteile waren danach in der DDR stationiert und tragen auch heute wieder in der Russischen Armee diese Ehrentitel.

Das Sowjetvolk hatte für die Befreiung und den Sieg über den Faschismus in Deutschland die größten Opfer zu tragen.  Dafür gebührt dem Sowjetvolk für immer unser Dank. Deshalb war auch in der DDR der 8.Mai ein Feiertag und ein Tag des Gedenkens derer, die dafür die größten Opfer gebracht hatten.

Beschämend für die deutsche Regierung ist es, heute diesen 70.Jahrestag zu vergessen und denen damit Recht  zu geben, die sich mit der Niederlage des faschistischen Deutschland auch heute noch nicht abfinden können.
Wir, die Angehörigen unseres Verbandes und mit uns viele andere, werden diesen Tag immer als den Tag der Befreiung vom Faschismus begehen und der Toten Helden der Sowjetunion und des Russischen Volkes gedenken.
Deshalb sollten gerade wir in diesem Jahr, dem 70. Tag der Wiederkehr des Sieges über den Hitlerfaschismus und der Befreiung des Deutschen Volkes vom Faschismus gemeinsam mit allen friedliebenden Menschen, an den Gedenkstätten uns verneigen vor den Toten und Dank zollen  den noch Lebenden Befreiern, die die Bedingungen schufen für den Aufbau eines anderen Deutschlands.

 

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