Keine Faschisten in der Ukraine?

Es gibt keine Faschisten in der Ukraine, und wenn doch, dann ohne Einfluss, wie die letzten Wahlen gezeigt hätten. So die offizielle Lesart von Politik und der Mehrzahl der Medien. Die nachfolgende Meldung von RIA-Novosti vo 24.03.2015 macht deutlich, welche Gefahren von rechts nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Europa ausgehen.
Die in der Meldung aufgezeigten Zusammenhänge lassen für die Realisierung von Minsk-2 das Schlimmste befürchten, haben doch die „Freiwilligenbataillone“ schon unmittelbar nach Unterzeichnung erklärt, dass die Vereinbarungen für sie nicht bindend sind. Berichte der OSZE-Beobachter scheinen dies zu bestätigen, auch davon kaum etwas in den Medien.
Auch hier gilt, seid wachsam und wehret den Anfängen. Leider befindet sich die Friedensbewegung offensichtlich im Halbschlaf!

Friedemann Munkelt

 

Die ukrainische faschistische Gruppierung „Misanthropic Division“ rekrutiert Kämpfer in Europa. In der Ukraine kämpft sie innerhalb des offen rechten Freiwilligenbataillons „Asow“. Der Journalist Thomas Eipeldauer hat zu diesem Thema recherchiert. Er meint: "Es gibt Dutzende Faschisten aus ganz Europa, die dort kämpfen."
In Westeuropa kennt man vor allem die rechten ukrainischen Gruppierungen Swoboda und Rechter Sektor. Als diese bei den letzten Wahlen relativ schlecht abschnitten, war die Erleichterung groß. Es gibt also gar nicht so viele Faschisten in der Ukraine.
Vielleicht war diese Erleichterung jedoch verfrüht, wenn nicht sogar naiv. Denn etliche Rechte, wie der Chef des Rechten Sektors, Dmitri Jarosch, sind als Direktkandidaten doch ins Parlament eingezogen. Thomas Eipeldauer dazu: „Was passiert ist, ist, dass viele Rechte in andere Parteien hineindiffundiert sind. So sitzt in der Regierungspartei, der Volksfront von Arseni Jazenjuk, zum Beispiel der leitende Kommandeur des Asow-Bataillons Andrej Bilezki im Militärrat, also an einer entscheidenden Position. Und Bilezki ist im Gegensatz zu Jarosch ein offener Rassist. Und das ist nur ein Beispiel von vielen.“  
Swoboda und Rechter Sektor bemühen sich, Politik zu machen. Nun gibt es aber noch radikalere Organisationen, die sich damit gar nicht aufhalten. Eine davon ist die „Misanthropic Division". In deren Programm ist offen von arisch-ukrainischen Werten die Rede.   
Eipeldauer erläutert: „Ein zentraler Punkt ihres Programms ist, dass sie einen Rassenkrieg führen zum Erhalt der weißen Rasse. Sie sehen sich offen in einer nazistischen Tradition. Feindbilder sind die Juden und der 'verjudete' Westen, die Russen und andere 'Fremdrassige'."
Vor kurzem geisterte die Meldung durch deutsche Medien, dass auf Seiten der Donbass-Kämpfer um die Hundert deutsche Freiwillige aktiv sind. Über Kämpfer aus Europa in den Reihen der ukrainischen Armee war bisher kaum die Rede.  
Eipeldauer klärt auf: „Die Misanthropic Division ist eine Untergruppe der der ‚Sozial-Nationalen Versammlung‘ (SNA), einem Flügel des Rechten Sektors". Sie organisiert unter anderem die europäischen Freiwilligen innerhalb des Asow-Bataillons. Es gibt Dutzende Faschisten aus ganz Europa, die dort kämpfen. Einige von ihnen tun dies sogar ganz offen mit ihrem Klarnamen. Die Kämpfer kommen vor allem aus Kroatien und Frankreich, aber auch aus Italien, Schweden und Deutschland."  
Erstaunlich ist dabei, dass dies anscheinend weder in den Medien, noch bei den Geheimdiensten thematisiert wird. Während z.B. in Spanien bereits acht freiwillige spanische Donbass-Kämpfer verhaftet wurden, scheint es andersherum keinen Verfolgungsdruck zu geben. Auf Anfrage von Herrn Eipeldauer teilte das deutsche Bundesinnenministerium mit, dass sie keine Erkenntnisse zu deutschen Kämpfern auf ukrainischer Seite hätten. Dabei kann man Belege dafür in den sozialen Medien finden. Es ist offenkundig, wird aber nicht thematisiert.  
Das Motto der Misanthropic Division ist auf Deutsch und lautet „Töten für Wotan“. Wotan ist eine dem nordischen Gott Odin entsprechende Gestalt aus Wagners „Ring der Nibelungen".
 
Eipeldauer: „Die Ideologie der Misanthropic Division rührt zum Teil direkt aus dem Nationalsozialismus her, zum Teil arbeiten sie aber auch mit Versatzstücken germanischer Mythologie. Und es gibt bei ihnen eine starke Glorifizierung des Sterbens und Tötens."
Auch wenig bekannt ist der Fakt, dass es auch in Russland eine offen neonazistische „Wotan-Jugend" gibt, die aufgrund staatsfeindlicher Aktivitäten verboten ist und in diesem Konflikt auf ukrainischer Seite kämpft. Das Bataillon Asow, dessen Teil die Misanthropic Division ist, ist allerdings offiziell der ukrainischen Regierung unterstellt. 
Eipeldauer erklärt: "Natürlich weiß man das in Kiew: Die Symbolik des Asow-Bataillons und noch mehr der Misanthropic Division ist ja mit SS-Zeichen, Totenköpfen und Hakenkreuzen mehr als eindeutig. Aber es gibt offensichtlich auch die Erkenntnis, dass man ohne die Freiwilligenbataillone den Krieg nicht führen kann."  
Allerdings verläuft das wohl nicht ganz reibungslos. Es scheint, dass Präsident Pjotr Poroschenko eher auf die reguläre Armee setzt, während der proamerikanische Flügel von Premier Jazenjuk seine Machtbasis eher bei den Freiwilligenbataillonen sieht. Es gab bereits Konflikte zwischen Freiwilligenbataillonen und der ukrainischen Armee.  
Im Moment wird viel über Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert. Diese Waffen würden dann wohl auch an die Freiwilligenbataillone geliefert werden. Doch was passiert, wenn der Krieg irgendwann vorbei ist? Geben diese Nazi-Krieger dann brav ihre Waffen wieder ab? Eipeldauer meint dazu: „Auf keinen Fall. Ich sehe das als große Gefahr, dort Waffen hinzuliefern. Wenn man sich durchliest, was diese faschistischen Bataillone selbst sagen und schreiben, dann ist klar, dass für sie der Krieg noch nicht einmal richtig begonnen hat. Die Misanthropic Division z.B. sagt, sie wollen ganz Europa 'befreien'. Es ist klar, dass die europäischen Freiwilligen, die dort radikalisiert werden, irgendwann mit diesen Waffen und ihren Kriegserfahrungen nach Westeuropa zurückkehren."  
Von den ukrainischen faschistischen Kämpfern ganz zu schweigen. Denn von der Regierung in Kiew sind sie nicht sonderlich begeistert. Dies ist eher ein Zweckbündnis auf Zeit. Da fragt man sich, ob es clever ist, dass Bürgermeister Vitali Klitschko einen der Kommandeure von „Asow“ zum Kiewer Polizeichef ernannt hat. 
Eipeldauer findet: „Im Moment handeln sie taktisch und so ist es schon clever, Bündnisse mit der regierenden Volksfront einzugehen und Personen wie den Polizeichef Wadim Trojan in Schlüsselpositionen zu platzieren. So sind sie in Kiew und an der Front präsent."