Sicherheitsinteressen und aktuelle Militärdoktrin Russlands

Vortrag Daum

Die Erfurter Regionalgruppen von Traditionsverband und RotFuchs hatten am 13. Oktober gemeinsam zu einer Vortragsveranstaltung mit Generalmajor a.D. Sebald Daum eingeladen. Trotz schlechten Wetters waren mehr als 30 Männer und Frauen gekommen, darunter auch Mitglieder von ISOR und anderen Organisationen. Nicht wenigen war Sebald Daum aber kein Unbekannter, diente er doch in den 1970er Jahren als Regimentskommandeur in Mühlhausen bzw. als Stellvertretender Kommandeur der 4. Mot.-Schützen-Division in Erfurt. Und so war es kein Wunder, dass es am Rande der Veranstaltung auch zu Wiedersehensgesprächen kam.

Doch nicht die Erinnerungen an einstige NVA-Dienstzeiten waren Inhalt seines Vortrages. Das Interesse der Gäste galt dem Thema „Die Sicherheitsinteressen und die Militärdoktrin der Russischen Föderation in der heutigen Zeit“.

Sebald Daum skizzierte zunächst den Niedergang der Sowjetunion und dann der Russischen Föderation während der Jelzin-Zeit in den 1990er Jahren. Dieser Niedergang betraf nicht nur Wirtschaft und Soziales, sondern nicht minder die Landesverteidigung als Ganzes. Erst mit dem Amtsantritt von Wladimir Putin begannen sich auf allen Gebieten Verbesserungen, Stabilisierungen abzuzeichnen. Und das vor allem vor dem Hintergrund der seit 1991 von den USA und der NATO weltweit geführten Kriege gegen „unbotmäßige Staaten“ und dem Näherrücken der NATO bis an die Grenzen Russlands.

Darauf wurde schließlich russischerseits mit mehrfach modifizierten Militärdoktrinen geantwortet, die aber, so Sebald Daum, „stets defensiven Charakter hatten und haben“. Er betonte in seinem Vortrag immer wieder, dass für die russische Außen- und Sicherheitspolitik, nach wie vor gelte: „verhandeln ist immer besser als schießen“. Der Wandel in den Doktrinen hänge damit zusammen, daß bis etwa zur Jahrtausendwende angenommen wurde, daß keine Kriegsgefahr drohe. Das sei aber seither nicht mehr der Fall. Für die heuer tatsächlich bestehende Kriegsgefahr führte er zahlreiche Beispiele an.

Den Schwerpunkt seiner Ausführungen bildete der am 31. Dezember 2015 verabschiedete Ukas zur Strategie der Nationalen Sicherheit. Auch in diesem Dokument werde der defensive Charakter russischer Militärpolitik betont, ebenso wie die Absage an einen atomaren Erstschlag – ganz im Gegensatz zur US-Militärpolitik.

Dann folgten detailreich Ausführungen zu den Militärreformen seit dem Amtsantritt von Sergej Schoigu als Verteidigungsminister am 6. November 2012. Sebald Daum stellte dessen Stellvertreter  ebenso vor wie die Struktur der Streitkräfte, die Stärken der Teilstreitkräfte und Waffengattungen sowie die Struktur der mehrfach umgegliederten Militärbezirke. Nicht fehlen durften hier auch Informationen über die Hauptbewaffnungen und neuentwickelte Waffensysteme. Mit Interesse wurde vermerkt, dass die heutige russische Armee wieder positiven Bezug auf die Traditionen der Sowjetarmee nähme: So durch die (Wieder-)Verleihung von Traditionsnamen an Verbände und Truppenteile.

Abschließend ging Sebald Daum auf den Einsatz der Luft-Kosmischen Streitkräfte ab 2015 in Syrien auf Ersuchen der dortigen Regierung ein. Er nannte – im Gegensatz zur herrschenden bundesdeutschen Politik und medialen Propaganda – die Hintergründe und Zusammenhänge des Krieges um Syrien und des russischen Engagements. Aber hier gelte ebenfalls, dass für die russische Seite nach wie vor das Verhandeln vor dem Schießen käme. Auch wenn Russland bisher bei allen Verhandlungen – wie in der Ukraine-Frage – von den USA immer wieder „über den Tisch gezogen“ wurde und werde. Sebald Daum betonte abschließend, dass Russland zwar ein durch und durch kapitalistisches Land sei, das sich aber der Friedenssicherung – wie früher die Sowjetunion – der Friedenssicherung verpflichtet fühle und sich daher allen destruktiven Weltherrschaftsplänen der USA widersetze.

In der anschließenden Diskussionen wurden u.a. folgende Fragen und Meinungen geäußert:

  • Warum läßt sich Russland immer wieder auf Verhandlungen ein, die doch nur für Umgruppierungen durch die Gegenseite (Kiewer Machthaber, Dschihadisten in Syrien) genutzt werden?
  • Wie ist die Wiederannäherung an die Türkei zu verstehen?
  • Wird es zu einem Wiederaufkommen des Wettrüstens kommen?
  • Warum ist die deutsche Friedensbewegung so schwach?
  • Was kann man dem Kriegstreiben durch USA, NATO und Bundesregierung entgegensetzen?

Gemeinsam versuchten Referent und Zuhörer hierauf Antwort zu finden. Für Sebald Daum gab es dann nicht nur langanhalten Beifall. Denn von Gästen aus einer anderen Region wurde er spontan zu einem Vortrag bei ihnen eingeladen.


Siegfried R. Krebs
(Text und Fotos)

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