Eine Reise nach Stalingrad/Wolgograd
14.06. - 18.06.2019
Harald Hentschel, OSL a.D. d. GT d. DDR und Vorsitzender
der Kameradschaft "Florian Geyer e.V." des GR-3 - Dermbach
Die Reise, organisiert über das Reisebüro Dr. Herrmann, Reiseleiter Gilbert Graff, nach Wolgograd war ein emotional bewegendes und außerordentlich interessantes Erlebnis.
Der Mamajev Hügel mit der beeindruckenden und überragenden Statur der Mutter Heimat, sowie das Panoramamuseum haben mich sehr nachdenklich gestimmt. Das wurde noch verstärkt am ewigen Feuer im Saal des Soldatenruhmes zu Ehren der Helden der Stalingrader Schlacht.
Welch unsägliches Leid haben Deutsche über die Bevölkerung der Sowjetunion und im Besonderen über die Bewohner Stalingrads gebracht?! Überall wurden wir trotz dieser Tatsache sehr herzlich und freundlich begrüßt - das Resultat der jahrzehntelagen Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion. Im Kinder- und Jugendzentrum (früher Pionierpalast) erlebten wir ein außergewöhnlich beeindruckendes Kulturprogramm von Kindern und Jugendlichen - was uns alle nur erstaunen ließ. Zig Arbeitsgemeinschaften erfüllen dieses Haus tag täglich mit Leben und begeistern die Menschen in Stalingrad und ganz Russland sowie auch im Ausland - größte Hochachtung.
Für mich besonders bewegend - die Begegnung mit Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges. Ich hatte die Fahne, die dem Grenzregiment 3 von sowjetischen Militärberatern aus der 8. Stalingrader Gardearmee - Standort Nohra überreicht wurde, dabei. Da hatten auch die alten Kämpfer Tränen in den Augen, als sie erfuhren, welchen Weg diese Fahne von Stalingrad nach Nohra, weiter nach Dermbach und nun nochmal nach Stalingrad genommen hatte. Autogramme auf der Fahne und herzliche Umarmungen von Waffenbrüdern begeisterten auch das anwesende Fernsehteam und alle Fotografen.
In der ganzen Stadt wird die Ehre der heldenhaften Verteidiger und Sieger über die deutsche Wehrmacht sichtbar gepflegt und geachtet. Auch den Besiegten und Zerstörern von Stalingrad wurde in Gestalt des Soldatenfriedhofes Rossoschka ein Andenken gesetzt. Täglich werden bei Ausgrabungen weitere Zeugnisse des Krieges gefunden, wie die "Erkennungsmarken" deutscher Soldaten. So auch die meines Onkels, den ich nie kennengelernt habe, geboren am 16.07.1923, gefallen am 27.09.1942,"gefunden" im Jahre 2018 - bis dahin galt er als vermisst.
Angesicht der Erlebnisse bis dahin mutet es grotesk an, wie sich Paulus bei seiner Festnahme durch einen sowjetischen Oberleutnant verhalten hat. Hochnässig und "großdeutsch" fühlte er sich wohl immer noch als "Übermensch" und forderte als einzig akzeptablen Gesprächspartner einen sowjetischen General. Tausende Menschen wären gerettet worden, wenn er nicht tagelang seine erwartete Beförderung zum Generalfeldmarschall über das Leben seiner Unterstellten gestellt hätte.
Ein Besuch in Sarepta - einer ehemaligen und bis heute sehr gepflegten kleinen deutschen Siedlung in Stalingrad zeugte davon, dass Russen und Deutsche sich über einen langen Zeitraum sehr gut verstanden haben und sich achteten und schätzten.
Eine Schifffahrt auf der Wolga mit einem ausgezeichneten Buffet beschloss vier erlebnisreiche, beeindruckende und auch anstrengende Tage - für mich bleiben sie unvergesslich.
Unvergesslich auch deshalb, weil die Politiker der NATO - Staaten und Deutschland an vorderer Stelle, scheinbar nichts aus der Geschichte lernen. Statt die Friedenserhaltung, Abrüstung und Freundschaft, besonders mit Russland an der Spitze ihres Wirkens zu stellen, machen sie das Gegenteil.
Sollen Sie solch eine Reise machen, ich bin überzeugt, Putin würde das sehr begrüßen - vielleicht dämmert es dann bei ihnen. Nein stattdessen wurden am 28.06.2019 in Bad Salzungen 500 Bundeswehrangehörige zu einem halbjährigen Einsatz ins Baltikum, an die Grenze Russlands geschickt. Ihre Aufgabe - Verteidigung der Ostflanke der NATO. Ein Hohn für jeden vernünftig Denkenden in Deutschland, ein nicht zu begreifender Affront gegen Russland.
Gut, dass es den „Traditionsverband zur Pflege der Traditionen der NVA und der Grenztruppen der DDR“ und viele organisierte und nicht organisierte - Gegner dieser Wahnsinnspolitik gibt.
Es besteht Hoffnung, dass es mit vereinten Anstrengungen möglich ist, die Kriegstreiber zu stoppen und das höchste Gut für die Existenz der Menschheit - den Frieden - herzustellen.
Herzlichen Dank an die gesamte Reisegruppe - es war eine sehr angenehmes Klima trotz der hohen Temperaturen (Wolgograd in der Sonne am 19.06.2019 - 45°C).