Meine Gedanken zum 70. Jahrestag der Befreiung

von Armeegeneral Heinz Keßler 

Der 8. und 9. Mai 1945 waren Tage, an denen die Völker Europas aufatmen konnten, weil der deutsche Imperialismus samt seiner faschistischen Wehrmacht hier in Berlin von den Truppen der Sowjetunion und der Alliierten der Anti-Hitler-Koalition geschlagen wurde.

Die Erinnerungen an diese Tage sind nach meiner Auffassung für alle Völker, besonders für das deutsche Volk und für künftige Generationen von außerordentlicher Wichtigkeit für deren Zukunft. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass die heutigen, noch lebenden achtzigjährigen Frauen und Männer, in den Maitagen 1945 erst 10 Jahre alt waren. Daher betrachte ich alles, was gegenwärtig über diesen Zeitabschnitt in den Geschichtsbüchern der Schulen und Lehranstalten der BRD geschrieben steht und gelehrt wird, zum großen Teil als Verdrehung, Lüge und historische Verfälschung. Es besteht gerade in unserem Land nach wie vor die wichtigste Aufgabe darin, den historischen Ablauf des vom deutschen Imperialismus bereits 1939 vom Zaune gebrochenen Krieg richtig darzustellen und den Menschen zu erklären.

Es ist deshalb eine Schande, die Antifaschisten vor 1933, vor allem die Kommunisten mit ihrem hervorragenden Kämpfer Ernst Thälmann nicht nur zu verleumden, sondern auch ihre Gedenkstätte zu liquidieren. Es sei daran erinnert, dass vor den Wahlen 1933 die Antifaschisten, vor allem die Kommunisten, den Wahlkampf unter der Losung führten:

                       „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg!“

Diese und ähnliche Gedanken gingen den Menschen der Sowjetrepubliken am 9. Mai 1945 durch die Köpfe, die sich zu Zehntausenden auf dem Roten Platz in Moskau versammelt hatten, unter denen ich mich ebenfalls befand. In vielen Städten der Sowjetunion kamen die Menschen zusammen, um den Sieg über die faschistischen Eindringlinge zu feiern. Ich erinnere mich an diese unvergess-lichen Eindrücke, weil sie zugleich verbunden waren mit der Freude über die heroischen Leistungen der Völker der Sowjetunion, besonders seiner Streit-kräfte. Gemeinsam mit der Anti-Hitler-Koalition wurden der deutsche Imperialismus und seine Armeen, zuletzt hier in Berlin, zerschlagen und das deutsche Volk vom Faschismus befreit. Mit der Freude der Menschen auf dem Roten Platz über den Sieg der Sowjetarmee war zugleich tiefe Trauer und großer Schmerz über den Verlust von Millionen Sowjetbürgern verbunden. Die DDR erklärte den 8. Mai zum staatlichen Feiertag und ehrte damit zugleich Millionen Sowjetbürger. Die in Deutschland errichteten Gedenkstätten und Ehrenhaine für die gefallenen Sowjetsoldaten sind Mahnmale für die Menschen unseres Landes, und wir gedenken ihrer in Ehren. Ich bin überzeugt, dass die progressiv denkenden Menschen in der BRD alles in ihren Kräften stehende tun werden, diesen Teil der deutschen Geschichte – vor dem 2. Weltkrieg, während des Krieges und die Jahre danach – historisch richtig darzustellen. Das betrachte ich als eine Voraussetzung für eine antifaschistisch-demokratische Ordnung in unserer Heimat.

Wir als ehemalige Angehörige der Nationalen Volksarmee sowie der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR können stolz darauf sein, dass uns die Völker der Sowjetunion und die sowjetischen Streitkräfte ihr Vertrauen als Verbündete zur Verteidigung des Friedens und der sozialistischen Errungenschaften in der DDR entgegen gebracht haben.

Gerade in der jetzigen Zeit sollten wir alles unternehmen, die bestehende Kriegsgefahr zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass nie mehr eine Mutter ihren Sohn beweint.

Angehöriger des NKFD mit Walter Ulbricht Als Angehöriger des NKFD mit Walter Ulbricht

Bei der Reichskonferenz der KPD in Berlin
Bei der Reichskonferenz der KPD in Berlin 2./3. März 1946

Mit Erich Honecker und Armeegeneral Heinz Hoffmann
Mit Erich Honecker und Armeegeneral Heinz Hoffmann