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- Schwejk im 3. Weltkrieg
14.10.2025
Ich stelle mir gerade vor, was der brave Soldat Schwejk wohl zu den gerade ausgebrochenen Kriegsvorbereitungen sagen würde. Er würde sich verwundert eine Pfeife anzünden und denken „Mein Herr Oberleitnand hat immer gesagt, ihr Hornochsen, Enthusiasmus kann in solchen Zeiten behördlich befohlen werden! Das wird etwas wunderbares sein, wenn wir für seine Majestät, den Kaiser, fallen werden.“ Na ja, der Kaiser, auf den die Fliegen geschissen haben, ist Geschichte. Aber ob es auch noch so wunderbar ist, wenn unsere jungen Menschen für den verehrten Herrn Bundespräsidenten ins Gras beißen müssen, wage ich doch zu bezweifeln.
Damals haben sie den Erzherzog Johann erschossen, um einen Grund für Krieg zu haben. Heute genügt es schon, wenn sich die Nachbarn die Köpfe einschlagen, um mit ins Feld zu ziehen. Deshalb gilt damals wie heute, ein Soldat darf nicht selbst denken. Für ihn denken seine Vorgesetzten. Der erste Weltkrieg wird in einigen Dokumentationen der „Kleine“ genannt. Aber für die, die ihn nicht überlebt haben, war er groß genug!
Wenn jetzt einer denkt er sei krank und könne nicht in den Krieg ziehen, dann sei an Josef Schwejk erinnert. Der hatte Rheuma und musste sich vom Stabsarzt belehren lassen: Das ganz Volk ist eine Simulanten Bande! Da hilft nur Magen auspumpen und ein kräftiges Klistier, damit sich das Rheuma erschrickt und flieht. Deshalb stellte er lakonisch fest: Ich bin bis auf die Füße ein ganz gesundes Kanonenfutter!
Im Physikzimmer meiner Schule hatten kluge Leute den Spruch Albert Einsteins über der Tafel angebracht: „Der 2. Weltkrieg hat 20 Millionen Tote gekostet. Wenn es zum Dritten kommen sollte, wird der Vierte mit dem Steinbeil ausgetragen!“ Doch solche Weisheiten sind heute nicht gefragt. Da ist es einfacher, die Menschen mit bunten Fahnen und einer diversen Lebensweise abzulenken.
Apropos bunte Fahnen. Im Film treffen Schwejk und ein russischer Soldat aufeinander und stellen fest, dass eigentlich nur die Uniformen verfeindet sind. Die Menschen, die darin stecken, sind es nicht. Da stelle ich mir vor, wenn einer unserer vielfältig-bunten Soldaten auf die Russen trifft und anbietet, erst mal eine Prosecco zu trinken. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass es nur kurz „bumm“ macht, und der Prosecco gehört der Vergangenheit an.
Schwejk sagte damals, ich bin froh, dass wir pünktlich in den Krieg fahren. Sonst könnten wir womöglich noch zu spät kommen, aber wenn wir fest zusammen halten, dann ist der ganze Krieg nur wie ein Spaziergang über den Wenzelsplatz in Prag. Dann ruft er noch seinem Freund zu, wir treffen uns nach dem Krieg um sechs im Kelch – oder besser doch ein halber sieben. Der Krieg könnt’ etwas länger dauern.
Nach Kriegsende trifft man sich tatsächlich im Kelch und Schwejk fragt so beiläufig, ob man schon weiß, wer gewonnen hat. Aber sein Freund meint, er habe nur verloren, nämlich sein rechtes Bein. Krieg ist nur etwas für reiche Leute, brummt Schwejk. Man hat kräftig verdient und es ist auch gelungen, die eigene Familie aus dem Kampfgetümmel heraus zu halten. Alle anderen haben verloren. Den Krieg werd’ ich wochenlang nicht vergessen, sinniert er nachdenklich.
Dass auch Sie, liebe Leser, den letzten Krieg noch nicht vergessen haben hofft herzlichst
Ihr Jürgen Schneider
Der Text ist Satire im Sinne des deutschen Presserechts unter Verwendung von Passagen aus: „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ von Jaroslav Hasek
von Dörte Hansen
Hallo Freunde,
die mediale Realität ist leider "besser" als jede Satire. Anbei ein Beitrag, der am 5. und 8.10. auf br.de (Bayerischer Rundfunk) erschien. Der hier interviewte "Experte" ist sicherheitspolitscher Berater bei der Konrad-Adenauer Stiftung. Die Gedanken, die er von sich gibt, sind gefährlich.
Deutschland im Ernstfall: "Brauchen jede einzelne Person"
Stromausfälle, Verpflichtungsbescheide, umgestellte Produktionen – im Ernstfall würde sich unser Alltag radikal verändern. Sicherheitsexperte Gehringer erklärt, warum wir uns jetzt vorbereiten müssen und welche Rolle jeder Einzelne dabei spielt.
von Dominic Possoch
Über dieses Thema berichtet: Possoch klärt am 02.10.2025 um 17:00 Uhr.
Bis zu 800.000 Soldaten könnten im Ernstfall durch Deutschland transportiert werden. Züge würden ausfallen, Ärzte an die Ostgrenze versetzt, die Textilindustrie auf Schutzwesten umgestellt. Ferdinand Gehringer, Experte für Innere Sicherheit bei der Konrad-Adenauer-Stiftung und Autor des Buches "Deutschland im Ernstfall", beschreibt im BR24-Interview, wie unser Leben im Spannungs- oder Verteidigungsfall aussehen würde – und warum Deutschland noch nicht ausreichend vorbereitet ist.
"Wir erleben den Ernstfall nicht von heute auf morgen"
BR24: Herr Gehringer, was passiert, wenn Deutschland im Krieg ist?
Ferdinand Gehringer: Ich gehe davon aus, dass wir den Ernstfall nicht so erleben, dass wir eines Morgens aufwachen und dann wissen: Jetzt ist der Ernstfall da. Das ist eher ein schleichender Prozess. Deutschland wird zur logistischen Drehscheibe innerhalb der Nato. Wenn ganz viele Truppen durch Deutschland transportiert werden – durch Häfen, Bahnhöfe, Flughäfen – kann das massive Auswirkungen auf unseren zivilen Verkehr haben. Züge könnten ausfallen, Vorrang-Verkehr würde für militärisches Gerät gelten.
BR24: Sind wir auf diesen Ernstfall vorbereitet?
Gehringer: Aus meiner Sicht noch nicht vollumfänglich. Wir müssen uns in Deutschland ernsthafter mit der sicherheitspolitischen Lage auseinandersetzen. Die Drohnenüberflüge, Sabotage- und Spionageaktivitäten der vergangenen Wochen zeigen: Wir leben nicht mehr im ursprünglichen Frieden. Es gibt russische Akteure, die versuchen, uns zu destabilisieren und zu testen. Wir sind in einer Testphase – und Stand heute sind wir noch nicht sehr gut vorbereitet.
Stromausfälle und Verpflichtungsbescheide
BR24: Wie konkret würde der Ernstfall unser Leben verändern?
Gehringer: Vermutlich würden in einem Spannungsfall vor allem unsere vulnerablen Punkte im Fokus stehen – Einrichtungen, die mit der militärischen Versorgung der Ostflanke zu tun haben. Wir müssen mit vereinzelten, größerflächigen Stromausfällen rechnen, 48 bis 72 Stunden vielleicht. Gewisse Straßen könnten gesperrt werden, weil militärische Kolonnen unterwegs sind. Wenn bis zu 800.000 Soldaten durch Deutschland transportiert werden müssen, kommt es zu massiven Einschränkungen im zivilen Verkehr.
BR24: Könnte der Staat bestimmen, wo ich arbeite?
Gehringer: Ja. Das Arbeitssicherstellungsgesetz [externer Link] erlaubt es, dass einzelne Arbeitsleistungen in anderen Bereichen angefordert werden. Ärzte werden vielleicht nicht mehr im Südwesten Deutschlands gebraucht, sondern im Osten, weil dort viele Verwundete zu erwarten sind. Der Staat kann auch in Wirtschaftsunternehmen eingreifen – die Textilindustrie könnte statt T-Shirts plötzlich Schutzwesten produzieren müssen.
"Jeder hat eine Rolle"
BR24: Warum muss ich als Bürger vorsorgen? Muss der Staat nicht für mich sorgen?
Gehringer: Der Staat kann das nicht allein leisten. In einem wirklichen Ernstfall brauchen wir jede einzelne Person – nicht nur in der Bundeswehr, sondern auch jede zivile Person, die eine eigene Rolle erfüllt. Man muss sich das als superkomplexes Unterfangen vorstellen: Truppen müssen versorgt werden, mit Lebensmitteln, Unterkünften, Reparaturen. Jeder hat letztlich eine Rolle, und das schafft der Staat allein nicht.
BR24: Was sollten wir konkret tun?
Gehringer: Es geht nicht darum, dass wir alle Prepper werden. Aber wir sollten uns mit der Lage auseinandersetzen. Wo trifft sich die Familie, wenn Internet und Strom ausfallen? Wer holt die Kinder ab? Haben wir einen Grundstock an Nahrungsmitteln für drei bis zehn Tage zu Hause? Ein Transistorradio, eine Powerbank? Durch diese Eigenvorsorge entlaste ich die Behörden automatisch.
Was jetzt zu tun ist
BR24: Gibt es in Deutschland Planspiele für diesen Ernstfall?
Gehringer: Die Bundeswehr ist sehr aktiv bei der Umsetzung des Operationsplans Deutschland und spricht mit vielen Unternehmen. Ich nehme aus der Wirtschaft eine große Bereitschaft zur Unterstützung wahr.
Was noch fehlt, sind umfassende Planspiele mit Verschränkung zwischen Bundeswehr, Zivil- und Katastrophenschutz, privaten KRITIS-Betreibern [kritische Infrastruktur; Anm. d. Red.] und Wirtschaft. In Finnland wird das getestet – die Textilindustrie wird mal angewiesen, Schutzwesten statt herkömmlicher Textilien zu produzieren. Da sollten wir in Deutschland auch hinkommen.
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