09.05.2023

Skandal in Dresden

 

 

Frau Kulturbürgermeisterin
Annekatrin Klepsch
Kulturrathaus der Landeshauptstadt
Königstr. 15
01097 Dresden

Dresden, den 9. Mai 2023 n. Z.

Ehrenmal der Toten der Ersten Ukrainischen Front – 5. Gardearmee (Befreier von Dresden) Tag der Befreiung 8. Mai 2023

 

Sehr geehrte Frau Kulturbürgermeisterin Klepsch,

als unsere russischen, kasachischen, ukrainischen und russlanddeutschen Mitbürger Dresdens und der Umgebung gesternmorgen am Ehrenmal ihrer Toten durch Niederlegung von Kränzen und Blumen gedenken wollten, hatten sie festzustellen, dass um das Ehrenmal herum an dessen Korpus in sachbeschädigender Weise (§ 303 Strafgesetzbuch (StGB)) rot-weisse Warntafeln angebracht waren, das Ehrenmal sei baufällig („fragil“).

Für die Nachmittagsstunden wurde auf weiteren Tafeln vor dem Ehrenmal eine Informationsveranstaltung zum weiteren Schicksal des Ehrenmals angekündigt.

Ab 16 Uhr fand eine Veranstaltung in Ihrer Verantwortung statt, anläßlich derer eine Verunglimpfung des Andenkens der toten Angehörigen der 1. Ukrainischen Front (§ 189 StGB) zu beklagen war: vier Menschen begaben sich auf den Sockel des Denkmals, stellten sich dort auf und verhöhnten die toten Soldaten der 5. Armee dadurch, dass sie ein helmartiges Gebilde Soldaten gleich auf dem Kopf trugen, welches dabei helmförmig einem menschlichen Gehirn nachgebildet war. Dabei verursachten sie einen dezibelstarken Lärm dadurch, dass jeder eine große Lautsprecherbox trug, aus denen ein herzschlagartiges, der Techno-Musik entnommenes penetrantes lautstarkes Geräusch dröhnte.

Im Anschluß daran forderte in Ihrer Verantwortung ein als Geschichtsprofessor vorgestellter Mann die Abtragung und die Entfernung des Ehrenmals vom Olbrichtplatz und von der Stauffenbergallee (beide tragen den Namen von „NS-“ Wehrmachtsoffizieren – Olbricht und Stauffenberg – ).

Zur Begründung behauptete er, das Verdienst des erfolgreichen mit dem Tode bezahlten Kampfes gegen den „NS“-Faschismus stehe nicht den toten Soldaten der 5. Gardearmee, sondern den Offizieren der Wehrmacht namens Olbricht und Stauffenberg zu. Es sei insoweit unerträglich, dass das Ehrenmal an diesem Platz mit deren Namen – Olbrichtplatz und Stauffenbergallee – verbleibe.

Ferner behauptete der Professor, das Ehrenmal sei von einem „Nazi-Künstler“ hergestellt worden und verdiene insoweit bereits entfernt zu werden. Diese krude Ansicht fand in den Reihen der die Versammlung moderierenden Personen Anerkennung.

(Offensichtlich ist Herrn Geschichtsprofessor und den Moderierenden nicht bekannt, dass in der Zeit des sog. „Dritten Reiches“ a l l e bildenden Künstler Zwangsmitglieder der „NS“-Reichskulturkammer waren, so dass es in Deutschland keinen einzigen Künstler gab, der nicht „Nazi“ war.)

Dem Herrn Professor scheint unbekannt, dass die Offiziere der Militäradministration keine Bedenken dagegen hatten, den deutschen Künstler Otto Rost mit der Schaffung des Ehrenmals zu beauftragen, obwohl die Rote Armee selbst über zahlreiche, eigene, bedeutsame bildende Künstler verfügte. Diese Entscheidung der Offiziere verdient absoluten Respekt.

(Derselbe behauptete dann und verursachte so ein großes Gelächter unter den Anwesenden, die Sowjetunion sei bekannterweise seit 300(!) Jahren eine menschenverachtende Diktatur.)

Im Lauf der Veranstaltung wurde dann bekannt, dass geplant ist, dem Denkmal dermaleinst einen neuen Rahmen zu geben. „Framing“ bzw. „Kontexturierung“ sind die neudeutschen Bezeichnungen dafür, eine klare Sache in einen neuen sachfernen Zusammenhang zu setzen, um ihm seine Aussage zu nehmen. Die Wahrheit wird neu definiert nach der Methode des Donald Trump als sog. „alternative Wahrheit“.

Es wurde bekannt, dass das Denkmal abgetragen und auf unbestimmte Zeit von seinem Platz entfernt wird. Für die Abtragung, Entfernung und Einlagerung des Denkmals wurden bereits 120.000 Euro seitens der Landeshauptstadt zur Verfügung gestellt.

Eine in Ihrer Verantwortung agierende Künstlerin (Zitat Joseph Beys: „Wenn ich ein Künstler bin, sind alle Menschen Künstler“) war von der Landeshauptstadt damit beauftragt worden, den Beginn der beabsichtigten Entfernung des Ehrenmals durch die öffentliche Verkündigung einer Ansammlung von zusammenhanglosen Allgemeinplätzen als künstlicher Performance zu camouflieren. Das Manöver war jedoch für jedermann ohne weiteres erkennbar. -

Insgesamt wurde deutlich, dass es erklärtes Ziel der Verantwortlichen in der Landeshauptstadt ist, das Denkmal keinesfalls in der bisherigen Form zu erhalten (was nicht nur angesichts der angespannten Haushaltslage der LHS Dresden naheliegend gewesen wäre).
Bereits einmal zuvor wurde in ähnlicher Weise das Denkmal den Augen der Öffentlichkeit dadurch entzogen, dass es seinen Standort vom belebten und beliebten Platz der Einheit (heute „Albertplatz“) in der Mitte der Dresdner Neustadt und damit inmitten der städtischen Öffentlichkeit in das kleine, abseits gelegene dunkle Wäldchen vor dem Bundeswehrmuseum (vormals Armeemuseum) wechseln musste, um es so zum erstenmal der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu entziehen und das Ehrenmal seiner Funktion als Denkmal (denk mal nach!) möglichst weit zu entziehen.

 

Sehr geehrte Frau Kulturbürgermeisterin,

ich versuche eine Nagelprobe für die Richtigkeit der Behauptung auf Seiten der Landeshauptstadt, dass Ehrenmal solle gar nicht in der Versenkung verschwinden, sondern bei der Entfernung handele es sich lediglich um eine Maßnahme des Denkmalschutzes. Auf der Rückseite der Lutherkirche in Dresden-Neustadt am Lutherplatz befindet sich ebenfalls mittig ein Ehrenmal für die toten Soldaten der Lutherkirchgemeinde des Ersten Weltkrieges.

Meine Fragen insoweit an Sie, Frau Kulturbürgermeisterin:

1.) Welche sachverständig begründeten Erkenntnisse haben Sie darüber, dass das Ehrenmal der 1. Ukrainischen Front baufällig ist, der Sanierung bedarf, und dies obwohl dort nach den Regeln der Bautechnik bereits eine starke Metallklammer angebracht wurde, die das Auseinandergehen des Sockels dauerhaft verhindern wird und so das gesamte Denkmal nachhaltig sichert?

2.) Würden Sie es als Kulturbürgermeisterin verantworten, persönlich zu veranlassen, am Ehrenmal Lutherplatz ebenfalls rote Warntafeln am Korpus des Ehrenmals selbst anbringen zu lassen (und nicht etwa als Warntafel entfernt und in gebührendem, respektvollen räumlichen Abstand)?

3.) Würden Sie es als Kulturbürgermeisterin verantworten, persönlich zu veranlassen, am Ehrenmal Lutherplatz ebenfalls eine „künstlerische Performance“ zu beauftragen, anläßlich derer von vier Menschen unter den Augen einer interessierten Öffentlichkeit das Andenken toter Soldaten verspottet wird, indem diese behelmten und so Soldaten imitierende Menschen dröhnenden Technolärm in Richtung anwesende Öffentlichkeit produzieren?

4.) Würden Sie es als Kulturbürgermeisterin verantworten, das Ehrenmal Lutherplatz ebenfalls auf unbestimmte Zeit im Depot der Landeshauptstadt verschwinden zu lassen? -

5.) Gehen Sie mit Herrn Professor darin konform, dass das Ehrenmal 1. Ukrainische Front von einem Großteil der Dresdner in seiner Aussage auch deswegen schon gar nicht verstanden wird, weil die Dresdner weder kyrillische Schrift lesen noch verstehen können?

6.) Inwieweit übernehmen Sie als Auftraggeberin des Herrn Professors dessen zumindest auf diese Weise die Dresdner beleidigenden Äußerungen bzw. inwieweit wollen Sie sich ggf. davon distanzieren?

 

Sehr geehrte Frau Kulturbürgermeisterin Klepsch,

überzeugen Sie mich bitte schnellstens mit Worten und entsprechenden Dokumenten, dass von dem Ehrenmal der 1. Ukrainischen Front an seinem gegenwärtigen Standort in seinem gegenwärtigen (baulichen?) Zustand eine (bauliche?) Gefahr für die Besucher des Denkmals ausgeht, die deren Gesundheit oder gar deren Leben gefährdet und die die Landeshauptstadt zwingt, zum Schutze der Besucher das Ehrenmal abzutragen.

Überzeugen Sie mich bitte, dass die Menschen in Dresden (und sonstige Besucher?) so blöde sind, dass sie die Aussage des Ehrenmals der 5. Gardearmee ohne eine von Ihnen veranlasste „Kontexturierung“ bzw. veranlasstes „Framing“ nicht begreifen werden. Ich freue mich sehr auf Ihre Begründung, warum Menschen so blöde sein sollen, dass sie ein 76 Jahre altes Denkmal ohne Ihre „Kontexturierung“ bzw. Ihr „Framing“ nicht verstehen werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Heemann
Bautzner Str. 113
01099 Dresden-Radeberger Vorstadt

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