30.08.2022

 

Liebe Genossen und Freunde,

hier wieder ein sehr interessanter Beitrag vom „Anti-Spiegel“.

Siegfried Eichner

 


Das erfolglose europäische Betteln
um Gas

Von Thomas Röper

Es ist ein absurdes Bild, wie europäische Politiker auf der ganzen Welt um Gas betteln, obwohl sie ihre Gaskrise selbst lösen könnten. Letzte Woche gaben sie ein besonders trauriges Bild ab.
Von den fünf russischen Pipelines, mit denen Gas nach Europa gepumpt werden könnte, sind zwei auf Betreiben der EU-Staaten stillgelegt und drei laufen – ebenfalls auf Betreiben oder durch Schuld der EU-Staaten – mit reduzierter Leistung, Details zu den fünf Pipelines finden Sie hier.

Während die Energiepreise in Europa aufgrund des selbstverschuldeten Gasmangels explodieren, gehen europäische „Spitzenpolitiker“ weltweit betteln, um irgendwo Gas aufzutreiben, auch wenn es ein Vielfaches teurer ist, als das russische Gas. Trotzdem bekommen sie kein Gas. Diese Absurdität, die sich letzte Woche in ihrer ganzen Pracht gezeigt hat, war dem russischen Fernsehen in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick einen Kommentar wert, den ich übersetzt habe.

Beginn der Übersetzung:

Die europäische Gaspanik: Ein trauriges Bild

In dieser Woche überschritt der Gaspreis an den europäischen Börsen die psychologische Marke von 3.500 Dollar pro tausend Kubikmeter. Das ist etwa das Zehnfache des normalen Preises aus den Zeiten, als die EU noch mit Gas aus Sibirien zufrieden war. Jetzt ist die Situation katastrophal. Anstatt mit Russland zusammenzuarbeiten, um die Ukraine vom Nazismus zu „säubern“, hat sich Europa dafür entschieden, mit den USA zu marschieren, den Staatsstreich in der Ukraine zu unterstützen, um den Nazismus zu schüren und die Ukraine zu einem Anti-Russland zu machen, was zu militärischen Maßnahmen und selbstmörderischen Sanktionen geführt hat.

Der tschechische Justizminister Pavel Blazek gab am Samstag eine bezeichnende Erklärung ab: „Wenn es keine Lösung der Krise auf europäischer Ebene gibt, ist die Europäische Union selbst in Gefahr.“

So scheint es zu sein. Die Tschechische Republik, die bis Ende des Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehat, beruft eine Dringlichkeitssitzung der EU-Energieminister ein, um Maßnahmen auszuarbeiten. Maßnahmen ohne russisches Gas sind nicht in Sicht. Deutschland – insbesondere Bundeskanzler Scholz – könnte das Ventil der frisch gebauten Pipeline Nord Stream 2 einfach öffnen. Eine scheinbar offensichtliche Lösung. Aber nein, es ist beängstigend, seine eigene Dummheit zuzugeben.

Anstelle des Offensichtlichen flog er nach Kanada mit der Bitte, Gasturbinen für Russland zu reparieren und die Versorgung mit kanadischem Gas zu erhöhen. Dabei stellte sich heraus, dass es in Kanada keine Turbinen für Russland gibt. Und Gazprom kann die einzige Turbine, die nach der Reparatur nach Deutschland und nicht nach Russland geschickt wurde, nicht annehmen, weil sie britischen Sanktionen unterliegt. Das britische Unternehmen Industrial Turbin Company (UK) Limited führt die Reparaturen in Kanada durch. Es ist Vertragspartei des Vertrages mit Gazprom. Die Sanktionen hindern das Unternehmen daran, die Dokumente für die Überführung der Turbine nach Russland ordnungsgemäß auszufertigen. Gazprom wird die Turbine nicht ohne die Dokumente zurücknehmen. Auch Kanada will den Schlamassel nicht lösen, denn Russland ist ein Konkurrent beim Gas. Für Kanada wäre es besser, wenn es sein Gas zu horrenden Preisen nach Europa liefern würde. Warum sich selbst schaden?

Scholz wandte sich auch an Norwegen. Norwegen wurde sogar aufgefordert, die Gaspreise für die EU zu deckeln. Aber die Norweger fragten höflich: „Wieso, sind wir nicht auf dem Markt? Wurden die Marktpreise etwa abgeschafft?“ Am Ende hatte Scholz sowohl mit Kanada als auch mit Norwegen Pech. Auch die Briten sind Deutschland und der EU nicht zu Hilfe geeilt. Sie hätten die Unterlagen für die Turbine für Russland ausfertigen können. Aber nein. Außerdem gibt es dort einen politischen Wechsel. Keine Zeit für die Deutschen.

In der Zwischenzeit ist Russland gezwungen, die Lieferungen über Nord Stream 1 nach Europa ab dem 31. August vollständig einzustellen. Die einzige verbleibende Turbine wird planmäßig gewartet. Vorerst für drei Tage, es sei denn, die Untersuchung ergibt schwerwiegendere technische Probleme. Bundeskanzler Scholz schaut vorsichtig auf das Ventil von Nord Stream 2, aber irgendetwas hindert ihn daran, Deutschland zu wärmen. Den Deutschen wird gesagt, dass die Speicher zu 80 oder auch 85 Prozent gefüllt sind, aber es wird ihnen gesagt, dass das nicht ausreicht. Erstens wird daraus bereits jetzt, vor Beginn der Heizsaison, abgepumpt, und zweitens wird die Gasmenge ohne ständige Gas-Lieferungen sicher nicht für den gesamten Winter ausreichen. Ein trauriges Bild.

Der französische Staatschef Emmanuel Macron fasste diese Phase des Lebens traurig zusammen. Nach seinen Worten ist „der Überfluss vorbei.“ Das erklärte er vor der Kamera, als er die Sitzung des Ministerrats eröffnete. Es mangelt an allem – an Geld, Gas, Technologie, Waren, sogar an Land, Wasser und Demokratie:

„Was wir jetzt durchleben, ist ein Wendepunkt, eine Art großer Schock. Erstens, weil wir – nicht nur in diesem Sommer, sondern in den letzten Jahren – die Zeit des Endes des scheinbar endlosen Überflusses erleben. Die Zeit der Verfügbarkeit von Geld – billiger Liquidität – neigt sich dem Ende zu. Aber es gibt auch das Problem des Verschwindens von Waren und Technologien, die einst immer verfügbar zu sein schienen. Wir sehen uns mit dem Zusammenbruch vertrauter wirtschaftlicher „Ketten“ konfrontiert. Wieder einmal haben wir einen Mangel an diesem und jenem, einen Mangel an Technologie, einen Mangel an Material, einen Mangel an Land für verschiedene Zwecke und sogar einen Mangel an Wasser. Wir werden entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen. Der Wassermangel hat uns bereits gezwungen, einen Strukturwandel einzuleiten, den wir auch zu Ende bringen müssen. Aber das Wichtigste ist: Das Ende der Wahrheiten, die wir für selbstverständlich hielten, ist gekommen. Das gilt für Frankreich, für Europa und für die ganze Welt. Für Demokratie und Menschenrechte“

Irgendwie riecht das nach Macrons Freund Bernard-Henri Levy. Es ist so philosophisch. (Anm. d. Übers.: Levy war an dem Tag Thema in einem anderen Beitrag der Sendung, aus der dieser Beitrag stammt. Auch den Beitrag habe ich übersetzt, Sie finden ihn hier.)

Macron sagte weiter: „Dieses Bild, das ich gemalt habe, ist das Ende des Wohlstands, das Ende der Zukunftssicherheit, das Ende der Wahrheiten, die unveränderlich schienen. Dieses Bild zeigt, dass wir uns tatsächlich an einem Wendepunkt befinden. Und angesichts solcher Schwierigkeiten können unsere Mitbürger mit Unbehagen reagieren, mit großem Unbehagen“

Mit großem Unbehagen“ – da ist bereits von Revolution die Rede. Macron bittet die Bürger, keine Revolutionen oder Unruhen zu veranstalten. Es ist besser, sich zur Selbstaufopferung zu erziehen. Für die Freiheit, wie Macron sagte: „Unser Regime ist ein Regime der Freiheit. Und ein solches Regime ist für seine Bürger nicht umsonst, es kann von seinen Bürgern Opfer verlangen“

Dabei bietet der französische Präsident keinen Ausweg an und sieht nicht einmal ein Licht am Ende des Tunnels. In seiner Verzweiflung reiste Macron diese Woche nach Algerien. Für Gas. Ein schwerer Gang, denn für Macron war dieser Besuch schließlich ein Gang nach Canossa. Vor zwei Jahren erklärte er arrogant, dass Algerien, bevor es eine französische Kolonie wurde, keine eigene Geschichte hatte. Die Algerier waren sehr sauer. Und nun hat Macron, nachdem er sich erniedrigt hat, seine Bitte um Gas mit dem Vorschlag gewürzt, eine gemeinsame Kommission aus algerischen und französischen Historikern einzurichten. Die nötige Menge Gas hat Macron nicht bekommen, aber die Algerier haben der Historikerkommission großzügig zugestimmt. Naja, irgendwie so. Da ist Europa angekommen.

Ende der Übersetzung


https://www.anti-spiegel.ru/2022/das-erfolglose-europaeische-betteln-um-gas/
29.8.2022

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