26.07.2022

 

Gaspipelines Russland – Deutschland - ein kleiner Überblick

Momentan reicht es, sich an ein paar technische und operative Fakten zu erinnern, die den Gastransport aus Russland in Richtung Westen betreffen. Sie sprechen für sich. Deshalb werden sie ja auch in deutschen Medien so verbissen verschwiegen. Der angehängte Artikel listet das Wichtigste auf.

Auf genau diesen Gebieten von Politik, Wirtschaft und medialer Manipulation, der Kampf mittels Energierohstoffen wie Gas ist nur eines davon, spielen sich die Hauptschlachtfelder eines hybriden Krieges ab. Its the economy, stupid. Auch militärisch Interessierte oder gar Veteranen aller bewaffneten Formationen müssen sich heutzutage an ihr Grundlagenstudium oder das Fach Militärökonomie erinnern. Ohne diese Zusammenhänge ist ein global geführter hybrider Krieg nicht zu verstehen. Nichtmal sein bewaffneter Teilaspekt in der Ukraine oder im Weltraum.

Im laufenden Krieg lernen ALLE Seiten. Er ist für alle in gewisser Weise Neuland. Das schließt Fehler als "natürliche Begleiterscheinung" ein. Dies mag einer der Gründe sein, warum Verlauf und Ausgang als offen angesehen werden.

Lutz Vogt

 

Gaspipelines Russland – Deutschland -- Energiekrise und Propaganda


Der Medienhype um die selbst verursachte Gaskrise in Europa nimmt immer absurdere Formen an.
Eine Gegenüberstellung von Fakten und politischen Behauptungen.

von Thomas Röper
26. Juli 2022 12:50 Uhr

Was Medien und Politik derzeit in Sachen Gas- und Energiekrise veranstalten, lässt sich rational kaum mehr verstehen. Wir werden uns hier zunächst die nackten Fakten anschauen und dann werde ich anhand von Beispielen aus dem Spiegel aufzeigen, wie absurd das ist, was in Deutschland heute als „Journalismus“ oder „Berichterstattung“ bezeichnet wird.
Es gibt aktuell fünf Pipelines, die Europa mit russischem Gas versorgen können. Da europäische Politiker und Medien Russland vorwerfen, Gas als Waffe zu benutzen, werden wir uns zunächst jede einzelne Pipeline anschauen und uns die Frage stellen, wer den Gasfluss durch diese Pipelines behindert. Anschließend werden wir uns die von Politik und Medien genannten Alternativen anschauen, mit denen man russisches Gas ersetzen will. Und zum Schluss schauen wir uns an, was der Spiegel berichtet.

Die ukrainische Pipeline

Wir werden uns die russischen Pipelines in der Reihenfolge ihrer Entstehung anschauen. Die erste Pipeline, die damals noch sowjetisches Gas nach Europa gepumpt hat, war die Sojus-Pipeline, die heute als ukrainische Pipeline bekannt ist. Über sie wird seit den 1970er Jahren Gas auch nach Deutschland gepumpt.
Die Pipeline verläuft durch die Ukraine und es gibt drei Punkte, an denen Gas aus Russland in die Pipeline gespeist wird: Einer in Lugansk, einer etwas weiter nördlich und eine Leitung kommt aus Weißrussland. Die Pipeline beliefert heute Ungarn, Slowakei, Österreich und früher auch Länder weiter südlich, wie Bulgarien und Rumänien, die aber heute aus Turkish Stream beliefert würden, dazu später mehr.
Die Gasverdichterstation bei Lugansk ist zu Beginn der russischen Intervention unter Lugansker Kontrolle geraten, was den Gasfluss aber zwei Monate lang nicht behindert hat. Anfang Mai hat die Ukraine plötzlich erklärt, dass sie den Gasfluss durch diesen Teil der Pipeline schließt, weil sie die Gasverdichterstation nicht mehr kontrolliert. Seitdem ist der Gasfluss durch die Pipeline entsprechend reduziert, ohne dass westliche Medien oder Politiker die Ukraine dafür kritisieren.

Die weißrussische Pipeline

Die Pipeline Jamal-Europa führt aus Russland über Weißrussland und Polen bis nach Deutschland. Diese Pipeline bringt schon seit Ende Dezember kaum noch Gas nach Europa, danach hat Polen den polnischen Teil der Pipeline unter Sanktionen und Zwangsverwaltung gestellt, woraufhin der Gastransport aus Russland ganz eingestellt wurde. Seitdem bezieht Polen Gas in umgekehrter Richtung aus Deutschland. Da Gas in Deutschland schon damals knapp war, hat Präsident Putin schon im Dezember gesagt, die deutschen Verbraucher sollten eine Erklärung dafür fordern.
Der Grund ist, dass Polen eine Verlängerung der langfristigen Lieferverträge mit Gazprom abgelehnt hat und Gas seitdem zum weitaus höheren Börsenpreis von weit über tausend Dollar pro tausend Kubikmeter bei Gazprom bestellen musste. Um Gas billiger einzukaufen, hat Polen sich mit deutschen Gasimporteuren geeinigt. Die kaufen ihr Gas immer noch über langfristige Verträge mit Gazprom für etwa 250 bis 300 Dollar ein. Für sie ist es ein gutes Geschäft, das Gas mit einem Aufpreis, der aber unter dem Börsenpreis liegt, an Polen zu liefern.
Jedenfalls liefert die Jamal-Europa-Pipeline kein Gas mehr nach Deutschland, weil Polen das blockiert hat.

Nord Stream

Nord Stream 1 wurde gegen massiven Widerstand der USA gebaut, um die Unsicherheit der ukrainischen Pipeline auszugleichen, und liefert seitdem den Löwenanteil des in Deutschland verbrauchten Gases. Die Pipeline verbindet Deutschland direkt mit Russland und hat Deutschland damit unabhängig von Transitländern wie der Ukraine, Weißrussland, Polen und anderen gemacht.
Aktuell liefert Nord Stream 1 nur einen Bruchteil der Menge, für die die Pipeline ausgelegt ist. Russland erklärt, dass das an den kanadischen Sanktionen liegt, weil die von Siemens hergestellten und gewarteten Gasverdichterturbinen in Kanada gewartet werden und eine Turbine dort aufgrund kanadischer Sanktionen zurückgehalten wurde. Die Turbine ist laut Medienberichten inzwischen in Deutschland. Russland behauptet, es habe noch keine Zollpapiere bekommen, damit die Turbine wieder ins Land kann, Deutschland behauptet, der russische Zoll lasse die Turbine nicht ins Land.
Erst vor wenigen Tagen erklärte Präsident Putin, dass es – laut Siemens – auch mit einer weiteren Turbine Probleme gäbe. Daher sei eine weitere Reduzierung des Gasflusses aus technischen Gründen unvermeidlich.
Die deutsche Regierung wirft Russland vor, dass die Probleme mit den Turbinen nur vorgeschoben seien und dass Russland den Gasfluss aus politischen Gründen reduziert, was die deutschen Medien eins zu eins an ihre Leser weitergeben. Dabei wäre es ganz einfach: Die Medien müssten nur eine Anfrage an Siemens stellen, ob es stimmt, dass bei einer der Turbinen Probleme mit der Verkleidung aufgetreten sind, um zu überprüfen, wer recht hat. Stattdessen werden in den Medien deutsche Politiker und alle möglichen „Experten“ zitiert, anstatt einfach offiziell bei Siemens nachzufragen und die Antwort von Siemens zu veröffentlichen.
Außerdem gibt es noch Nord Stream 2. Die Pipeline ist fertig gebaut und mit Gas gefüllt, sie könnte sofort die Arbeit aufnehmen, aber das will man in Brüssel und Berlin nicht. Bei Nord Stream 2 gäbe es auch keine Probleme mit Turbinen und ähnlichem, weil deren Turbinen aus russischer Produktion sind und in Russland gewartet würden. Dass durch Nord Stream 2 kein Gas fließt, ist ganz eindeutig die Folge der Entscheidung der Europäer, Russland und Gazprom können da nichts für.

Turkish Stream

Vor kurzem wurde eine weitere Pipeline fertiggestellt, die russisches Gas über die Türkei durch Südosteuropa bis nach Ungarn pumpt. Bulgarien hat die neuen Zahlungsmodalitäten Russlands abgelehnt und bekommt seitdem von Gazprom kein Gas mehr geliefert. Ungarn hingegen hat einen neuen langfristigen Vertrag mit Gazprom geschlossen und bekommt sein Gas nun nicht mehr über die ukrainische, sondern über die türkische Pipeline.
Ungarn ist ein Paradebeispiel dafür, dass das europäische Gasproblem hausgemacht ist, denn Ungarn bekommt erstens genug Gas und bezahlt zweitens dafür aufgrund des langfristigen Vertrages nur einen Bruchteil dessen, was andere europäische Länder an der Börse für (russisches) Gas bezahlen.

Wer ist schuld?

Man sieht eindeutig, dass die Probleme bei allen Pipelines nicht von Russland geschaffen wurden. Bei einer Pipeline hat die Ukraine den Gasfluss reduziert, bei der zweiten hat Polen den Gasfluss gestoppt, Nord Stream 2 wurde gleich ganz verboten und im Süden hat Bulgarien auf russisches Gas verzichtet. Nur bei Nord Stream 1 gibt es die Streitfrage mit den Turbinen, die sich aber eigentlich ganz pragmatisch lösen ließe, indem man Nord Stream 2 in Betrieb nimmt.
Man könnte, wenn man trotz der Gaskrise unbedingt weniger russisches Gas importieren will, im Gegenzug zur Inbetriebnahme von Nord Stream 2 sogar Nord Stream 1 abstellen. Da beide Pipelines die gleiche Kapazität haben, würde das zumindest die Probleme mit den Turbinen von Nord Stream 1 lösen.
Da die Probleme bei allen Pipelines von den Europäern oder der Ukraine verursacht wurden, bin ich geneigt, bei Nord Stream 1 der Version der Russen zu glauben, denn für die Russen ist der Verkauf von Gas nur ein Geschäft. Der Westen wirft Russland vor, das Thema Gas zu politisieren, dabei ist das Gegenteil der Fall: Westliche Länder haben Nord Stream 2 aus politischen Gründen gestoppt und auch die Probleme mit anderen Pipelines sind politischer Natur, die von EU-Ländern (oder der Ukraine) verursacht worden.

Der Spiegel im Kriegsmodus

Der Spiegel sieht seine Aufgabe nicht darin, seine Leser objektiv und sachlich zu informieren. Stattdessen ist der Spiegel voll im Modus der Kriegspropaganda, wie schon die Überschriften aktueller Spiegel-Artikel zeigen. Am 21. Juli gab es beispielsweise einen Spiegel-Leitartikel mit der Überschrift „Abhängigkeit von russischem Gas – Wie wir uns gegen Putins Foltermethode wehren„, der jedoch keinerlei Lösungen enthielt, sondern nur heruntergebetet hat, wie wichtig es ist, sich von russischem Gas zu trennen und keine Pools in Privathäusern mehr zu heizen. Außerdem solle die Wirtschaft gefälligst auf Gewinne verzichten, wobei es wirklich überraschend war, dass ausgerechnet der Spiegel plötzlich an „patriotische Reflexe“ appelliert hat:
„Vielleicht überstieg bei dem einen oder anderen Unternehmer auch der Geschäftssinn den patriotischen Reflex.“
Dass der Spiegel plötzlich an den Patriotismus – noch dazu der Wirtschaft – appelliert, ist wirklich überraschend. Und ich frage mich sofort, um welchen Patriotismus es denn gehen soll. Immerhin war der Spiegel jahrelang ein Verfechter der Globalisierung, die erst dazu geführt hat, dass viele große deutsch Konzerne längst nicht mehr in überwiegend deutscher Hand sind, sondern mehrheitlich ausländischen Investoren und Investmentfonds gehören.
An den Patriotismus hätte der Spiegel vor zwanzig Jahren appellieren müssen, als die unsinnige Globalisierung Fahrt aufgenommen hat und ausländische Investoren im großen Stil in deutsche Unternehmen und Großkonzerne eingestiegen sind.
Jetzt ist es dafür längst zu spät.

Die Gründe für die Energiekrise in Europa

Über die Gründe für die Energiekrise in Europa, die schon lange vor der russischen Intervention in der Ukraine begonnen hat, habe ich oft berichtet, aber der Vollständigkeit halber fasse ich die Gründe hier noch einmal kurz zusammen.
Erstens: Der Winter 2020/2021 war kalt, weshalb viel Gas verbraucht wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer aufgefüllt werden. Das ist in 2021 ausgeblieben und während die Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent gefüllt sind, waren es in dem Jahr nur knapp 75 Prozent.
Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von Windenergie am Strommix geführt. Da der Sommer 2021 aber außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher hätte geleitet werden müssen.
Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien waren die Gaspreise im letzten Sommer noch höher als in Europa und die fest eingeplanten amerikanischen Tanker sind nach Asien gefahren, anstatt nach Europa.
Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristiger Verträge für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 und mehr Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.


www.anti-spiegel.ru, 26.07.22

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