01.07.2022

Die Friedensbewegung
und der USA/NATO-Stellvertreterkrieg
gegen Russland in der Ukraine

Von Doris Pumphrey (23.06.2022)

 

Siehe den ganzen Text: https://www.freidenker.org/?p=13631

Hier der letzte Teil (betrifft aktuell auch die Demonstration am 2. Juli in Berlin):


Äquidistanz und Verschleierung versus Aufklärung und konsequente Positionierung

Kurz nach dem von ihnen 2014 unterstützen Staatsstreich in Kiew hatten die NATO-Staaten eine Erhöhung der Aufrüstung auf 2 % ihres Bruttoinlandsprodukts beschlossen, für ihren gemeinsamen Kampf gegen die „russische Bedrohung“. Das gerade von der Bundesregierung beschlossene 100-Milliarden-Euro-Programm sogenannten „Sondervermögens“, soll die Bundeswehr in den kommenden Jahren fit machen – natürlich gegen die „russische Bedrohung“.

Große Teile der Friedensbewegung haben nun ein Bündnis geschlossen gegen dieses Rüstungsprogramm mit dem Aufruf NEIN zur Aufrüstung – JA zur zivilen, solidarischen Entwicklung! Dazu soll es Demonstrationen und andere Aktionen geben.

Widerstand gegen derartige Rüstungsausgaben ist natürlich grundsätzlich für eine Friedensbewegung. Über die Höhe der Rüstungsausgaben entscheidet eine Regierung nach ihren politischen Prioritäten. Eine politische Kehrtwende ist die Voraussetzung, um eine andere Prioritätensetzung zu befördern.

Die Ampel-Regierung hat sich dem Kampf der USA/NATO gegen Russland völlig untergeordnet. Die Feindschaft gegen Russland, die sie damit geschaffen hat, bestimmt derzeit das gesamte politische Leben in diesem Land. Kann man andere politische Prioritäten herbeiführen, Abrüstung erreichen, wenn man diese konkrete Politik und Zusammenhänge negiert?

In dem Bündnis-Aufruf heißt es, „das neue globale Wettrüsten der vergangenen Jahre“ habe „die verschärfte Konfrontation der großen Machtblöcke mit verursacht und eskaliert sie weiter.“

Hier ist sie also wieder: die Ideologie der Äquidistanz. Sie wird zur Grundlage des Kampfes gegen das Aufrüstungsprogramm gemacht?!

Die Ideologie der Äquidistanz dient der Vermeidung einer klaren politischen Positionierung, die sehr unbequem werden kann, wenn sie den zulässigen engen Meinungskorridor verlässt.

Die Ideologie der Äquidistanz ist nicht nur opportunistisch, sondern dient der Verschleierung von Interessen und Verantwortlichkeiten. Die Schuldigen sind „globales Wettrüsten“ und „große Machtblöcke“.

Nur: Wer hat in den vergangenen Jahren Rüstungskontroll-Verträge einseitig gekündigt und Abrüstungsverhandlungen verweigert? Ist Russland an die Grenzen der NATO gerückt? Wer hat eine friedliche Lösung in der Ukraine verhindert? Wer hat systematisch eine ernsthafte Diskussion geschweige denn einen Vertrag über gegenseitige Sicherheitsgarantien verweigert? Wer hat Diplomatie durch Sanktionen ersetzt? Wer will wen „ruinieren“? Wer hat das Völkerrecht seit 30 Jahren mit Füßen getreten? Wer hat mit Regime-Change-Kriegen Millionen von Menschen getötet, verwundet, in die Flucht getrieben, verbrannte Erde hinterlassen? Wer will das Völkerrecht durch eine „regelbasierte Ordnung“ ersetzen zur Erhaltung der eigenen Hegemonie? Die Liste kann verlängert werden.

Wie will eine Friedensbewegung das Aufrüstungsprogramm bekämpfen, wenn sie nicht nur zu dessen politischer Begründung schweigt, sondern auch dazu, wer damit ins Visier genommen wird?

Da ist die NATO ehrlicher: Sie kündigt ganz offen an:

  • Die Aufrüstung der Ukraine soll forciert und längerfristig angelegt werden. Die Anpassung der ukrainischen Streitkräfte an NATO-Standards soll die gemeinsame Kriegführung mit dem Westen ermöglichen.
  • Die NATO-Ostflanke von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer soll hochgerüstet werden mit mehr Truppen, Waffen und Munition.
  • Mit dem neuen strategischen Konzept wird die NATO ihre Feindschaft und Konfrontation gegen Russland festschreiben und zum ersten Mal auch den Kurs gegen China festlegen.

Es ist die Anti-Russland-Politik, die zur Verschärfung der Konfrontation geführt hat. Die NATO will ihren Konfrontationskurs mit Russland weiter forcieren und ausweiten – auch gegen China. Und die Friedensbewegung will dazu schweigen?

Wie stellt sich die Friedensbewegung eine „solidarische Kultivierung der Gesellschaft“ und „Völkerverständigung“ vor, wie es im Aufruf heißt, wenn sie den von Politikern und Medien systematisch betriebenen faschistoiden Russland-Hass, der heute den gesamten öffentlichen Diskurs beherrscht und vergiftet, nicht einmal erwähnt?

Bei den geplanten Rüstungsausgaben handelt es sich um neue Schulden, die in den kommenden Jahren auch unter einer künftigen Regierung den Banken zurückgezahlt werden müssen. Für die Bevölkerung sind das abstrakte Kosten. Was sie allerdings bereits spürt, sind die steigenden Lebenshaltungskosten und Energiepreise auf Grund der politischen Prioritäten, die EU und Bundesregierung setzen, zuletzt insbesondere mit ihrer „Energiewende“ und durch die Auswirkungen der Corona-Regierungsmaßnahmen.

Und nun schlägt der Sanktionswahnsinn gegen Russland in voller Wucht zurück auf die Lebenshaltungskosten und Energiepreise hierzulande. Die unverantwortliche Politik der Ampelregierung, die „Russland ruinieren“ soll, führt zur wirtschaftlichen Katastrophe, die die Mehrheit der Bevölkerung spüren wird. Warum wird das nicht erwähnt?

In der Friedensbewegung gibt es genug gut informierte Aktive, die die Strategie der USA kennen, die darauf ausgerichtet ist, eine Kooperation Westeuropas – insbesondere Deutschlands – mit Russland zu verhindern und vor allem Konfrontation zwischen den beiden aufrechtzuerhalten, um beide zu schwächen. Für den US-Präsidenten ist das offenbar wie ein spannender Wettkampf, den er im Fernsehen beobachtet: „Ich denke, dass es in einem bestimmten Stadium zum Teil ein Abwarten geben wird – was die Russen aushalten können und was Europa bereit ist auszuhalten.“

Wenn der deutsche Vize-Kanzler Habeck stolz ankündigt, Deutschland wolle eine „dienende Führungsrolle“ für die USA spielen, denen es im Kampf gegen Russland und China nur um die Sicherung des eigenen Machterhalts über den Rest der Welt geht, dann wäre die Forderung nach einer von den USA unabhängigen Politik geboten!

Die Verantwortung für die gegenwärtige Situation liegt allein bei den USA und ihrem Gefolge in der NATO, der EU und der Bundesregierung, die alles getan haben, die sich zuspitzende Gefahr eines militärischen Zusammenstoßes noch weiter anzufeuern.

Russland wird diesen Krieg gegen die USA und deren „Diener“ gewinnen. Wie lange das gesamte gleichgeschaltete Lügenkonstrukt im NATO-Westen über Russland, seine Absichten und sein Vorgehen aufrechterhalten werden kann, wird sich zeigen. Natürlich werden sie alles daransetzen, wirkliche Aufklärung zu verhindern. Schließlich sind ihre wichtigsten Instrumente, wie Friedhelm Klinkhammer/Volker Bräutigam es formulierten: „Unterschlagen wesentlicher Informationen, Verschleiern problematischer Fakten, verzerrte Darstellung von Sachzusammenhängen, irreführende Ausdrucksweise per Sprachregelung, Verzicht auf Gegenrecherche, Ignorieren missliebiger Aussagen“.

Politik ist immer interessengeleitet. Wenn es um Krieg und Frieden geht, muss gerade in der Friedenbewegung die Frage gestellt und beantwortet werden: Wer vertritt und verfolgt in der internationalen Auseinandersetzung welche Interessen. Auf der Grundlage der Ideologie der Äquidistanz ist dies nicht möglich.

Auch wenn es Bündnisse schwieriger macht, Friedensbewegung darf nicht verschleiern, sondern muss hinterfragen und aufklären.

Der Kampf der Friedensbewegung wird nicht so bequem weitergehen, wie in den letzten Jahren. Der selbstverschuldete wirtschaftliche Niedergang der westlichen Länder ist unausbleiblich und kann zu großen Unruhen führen. Die staatliche Repression wird auch in Deutschland erheblich zunehmen. Internationale Auseinandersetzungen werden sich weiter zuspitzen, insbesondere auch durch US-Provokationen gegen China.

Die unipolare Weltordnung mit den USA an der Spitze ist im Niedergang. Mit ihren Vasallen versuchen sie mit allen Mitteln, den zu verhindern. Das zeigt auch der Druck, den sie auf alle Staaten ausüben, die sich der Sanktionspolitik und Feindschaft gegen Russland nicht anschließen.

Nicht Russland ist isoliert, das sich gemeinsam mit China für die Entstehung einer multipolaren Weltordnung einsetzt, sondern die USA, NATO und EU sind es. Immer mehr Länder mit der Mehrheit der Weltbevölkerung wollen die westliche Arroganz, Bevormundung und Aggression nicht länger hinnehmen und wenden sich Russland und China zu. Die „westliche Wertegemeinschaft“ hat sich mit ihrer Doppelmoral vor der Welt endgültig entblößt

Sie kann den Niedergang der US-Hegemonie, die auf Verbrechen gegen die Menschheit beruht, hinauszögern, aber das Entstehen einer multipolaren, demokratischen Weltordnung nicht verhindern. Dafür muss das Völkerrecht erst weltweit und für alle zur Geltung gebracht werden.

Es geht um den Kampf: US-Hegemonie versus multipolare Weltordnung

Auch die Friedensbewegung wird sich früher oder später für eine konsequente Positionierung entscheiden müssen.

 

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