30 Jahre ISOR – 30 Jahre Kampf um soziale Gerechtigkeit!

Grüße und Glückwünsche zum Jubiläum

 

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freunde und Sympathisanten!

Im Juni 2021 begeht die „Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR - ISOR e.V.  ihren 30. Jahrestag der Gründung. Das ist uns Anlass für einen Rückblick auf diese 30 Jahre Kampf um Rentengerechtigkeit, gegen Rentenwillkür und soziales Unrecht, wovon nach der sogenannten Wiedervereinigung Deutschlands, tausende Angehörige der bewaffneten Organe und der Zollverwaltung der DDR betroffen waren. Auch wenn nach 30 Jahren das Endziel des Kampfes nicht endgültig erreicht wurde, so hat ISOR Großes vollbracht. In solidarischer Gemeinschaft mit vielen anderen Organisationen und Vereinen konnte das Rentenstrafrecht für nahezu fast alle Angehörige der NVA, der Grenztruppen, der Volkspolizei, des Strafvollzuges, der Feuerwehr und der Zollverwaltung beseitigt und in das allgemeine Rentensystem der BRD überführt werden. Auch wenn die Strafrenten für die Angehörigen des MfS nicht beseitigt wurden, so konnten sie doch etwas gemildert werden. Auch das Dienstbeschädigungsrecht wurde korrigiert. In diesem Kampf haben viele Organisationen mit geholfen, aber ISOR hat mit seinen großartigen Anwälten den größten Anteil daran. Das entsprechend zu würdigen und sich daran zu erinnern, wie es begann, wie viel Hindernisse, Schwierigkeiten es zu überwinden galt um sich gegen Unrecht zu wehren, ist unser Anliegen. Diese 30 Jahre waren auch immer Kampf der Mitglieder der ISOR um die Sicherung des Friedens in Europa und in der Welt.

Nach dem erzwungenen Beitritt der DDR zur BRD verschwand für Millionen von Bürgern der ehemaligen DDR das gewohnte Gesundheits- und Rentenversicherungssystem, insbesondere für die Angehörige der bewaffneten Organe, die in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (SVS) erfasst waren. Plötzlich waren alle Fragen, die Jahrzehnte für jeden selbstverständlich waren, völlig unklar und  brachten für einen großen Personenkreis der SVS nur böse 30 Jahre ISORÜberraschungen und Probleme, die schier unlösbar erschienen. So erfuhren die Teilnehmer an den SVS im März 1991, dass sie nicht mehr der gesetzlichen Krankenversicherung angehören, sich nun privat versichern müssen  und die geforderten Beiträge zu 100 % auch noch selbst zu zahlen hatten. Dazu wurde auch ganz schnell, in aller Stille durch die Regierung, dass Sozialgesetzbuch V dementsprechend geändert. Das führte zwangsläufig zu großen sozialen Problemen, Verärgerungen, Ängsten und auch Unruhen. Viele Betroffene begannen sich zu wehren, wendeten sich hilfesuchend an die damalige Partei, die PDS. Hier war es vor allem die PDS - Abgeordnete aus Berlin Astrid Karger, die sich diesen Frage annahm. Da sie wenig Unterstützung im Parlament fand, rief sie im März 1991 in Berlin zu einer Versammlung auf, bei der über 400 Betroffene teilnahmen. In hitzigen Debatten wurde dann beschlossen, eine Initiativgruppe aus willigen und verantwortlichen Genossen zu bilden, um diese Ungerechtigkeiten in die Öffentlichkeit und in die Parlamente zu bringen. Am 22. März 1991 wurde eine 10köpfige Initiativgruppe gebildet, die die weiteren Maßnahmen einleitete. Es war diesen Genossen klar, diese Arbeit konnte nur erfolgreich sein, wenn sie Massenbasis hat. Frühere persönliche Kontakte und Verbindungen halfen sich zusammen zu finden. Durch schriftlich verbreitete „Standpunkte“ und  „Informationen“, die regelmäßig nun an Betroffene  herausgegeben wurden, gelang es in kurzer Zeit das Anliegen einer gerechteren Rentenregelung einem größeren Kreis Betroffener bekannt zu machen. Diese Dokumente waren sehr hilfreich, denn kaum jemand kannte sich in der neuen Gesetzgebung aus. In dieser Zeit hatte die Bundesregierung am 09.April 1991 den Entwurf eines „Rentenüberleitungsgesetzes“ (AÜG) mit dem „Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) herausgebracht, die das Rentenstrafrecht weiter verfestigte. Damit entstanden noch mehr unklare Fragen und Probleme. Es bildeten sich nun weitere Vereine und Organisationen, die sich mit dem Rentenstrafrecht auseinandersetzten, sodass eine stabile Organisationsform erforderlich wurde. Die Initiativgruppe stellte deshalb im April 1991 den Antrag 30 Jahre ISORzur Bildung eines Vereins, der  am 6. Juni 1991 genehmigt wurde. Im Juli 1991 wurde der Vorstand der Initiativgemeinschaft unter Vorsitz von Astrid Karger gebildet. Am 8. April 1992 wurde dann der Verein mit dem neuen Namen „Initiativgemeinschaft zum Schutz der sozialen Rechte ehemaliger Angehöriger bewaffneter Organe und der Zollverwaltung der DDR (ISOR e.V.)“ in das Vereinsregister Berlin-Charlottenburg mit der Nr.12076 Nz eingetragen. Nun ging man daran, die anfänglich in den Gebieten um Berlin, Potsdam und in vielen anderen ostdeutschen Ländern erfolgten Aktivitäten besser zu koordinieren. So entstanden die ersten territorialen Initiativgemeinschaften (TIG) mit bereits über 14.000 Mitgliedern. Vertreter dieser TIG trafen sich im 31. Oktober 1992 zur ersten ordentlichen Vertreterversammlung. Diese nahm eine neue Satzung an und wählte den neuen Vorstand mit 27 Mitglieder. Genossin Astrid Karger wurde als Vorsitzende gewählt. Jetzt nahm der Kampf um Rentengerechtigkeit, verbunden mit politischen Aktivitäten im Bündnis mit anderen Verbänden, Organisationen und Vereinen für Rentengerechtigkeit, gegen Verletzungen des Grundgesetzes, der Rechts- und Sozialstaatsprinzipien, Fahrt auf. Durch die Bildung von „Arbeitsgruppen Recht“ bei ISOR und auch in den TIG`s und der Unterstützung durch das Rechtsanwaltsbüro Bleiberg und Schippert, vor allem von bekannten Spezialisten des Renten- und Sozialrechts aus den alten Bundesländern, wie Prof. Dr. Axel Azzola und später dann Prof. Dr. Dr. Merten, wurde dieser Kampf auf eine neue Stufe gehoben und war das Fundament für den weiteren Weg zur Abschaffung des Rentenstrafrechts. Hervorzuheben seien hier die in den ersten Jahren durchgeführten Schulungen zu dieser Problematik, für die Genosse Prof. Dr. Edelmann vom Vorstand ISOR verantwortlich zeichnete. Diese Schulungen halfen den Betroffenen und den Mitgliedern sich in Widerspruchsverfahren und Klagewegen zurechtzufinden.  Notwendig war  in dieser Zeit der politische Kampf der ISOR, um mehr Öffentlichkeit und Autorität zu erreichen. Es war ein schwerer, harter und langer Kampf, bis nach 15 Jahren die Regierung der BRD gezwungen wurde das 1. Gesetz zur Änderung des AAÜG zu erlassen, in deren Ergebnis eine Veränderung im Rentenrecht für viele Angehörige der bewaffneten Organe, außer den ehemaligen Angehörigen des MfS, erfolgte und Nachzahlungen zur Rente gezahlt wurden. Die Rente wurde jetzt bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze berechnet und ausgezahlt. Trotzdem blieben für viele Personengruppen weiter die Strafrenten bestehen, wie für Minister, ihre Stellvertreter, für Mitglieder der Bezirks- und Kreiseinsatzleitungen, Bergleute, Eisenbahner, technische Intelligenz, Balletttänzer u.v.a.
Für die weitere Entwicklung von ISOR waren die nächsten Vertreterversammlungen von Bedeutung. Im Juni 1993 fand eine außerordentliche Vertreterversammlung von ISOR statt, bei der die Delegierten nun schon über 15.000 Mitglieder vertraten. Auf ihr schätzte Prof. Dr. Azzola die bisherige Arbeit von ISOR mit einer Zwischenbilanz ein und legte die weiteren Aufgaben für den Kampf um Rentengerechtigkeit für die Angehörigen des MfS dar, der neue Klagen beim Bundesverfassungsgericht vorsah. Die Vertreterversammlung nahm außerdem eine „Willenserklärung“ an, um weitere Mittel und Möglichkeiten fest zu legen im Kampf um Rentengerechtigkeit und um gegen weiteres Rentenunrecht, wie die 802-DM Regelung für Angehörige des MfS, die Witwenrenten von 241 DM zu protestieren. Die Versammlung nahm eine neue Satzung an und wählte einen neuen Vorstand, wieder unter Vorsitz von Astrid Karger. Verstärkt wurden nun Klagen vor den Gerichten geführt und die politischen Aktivitäten und die Mitgliederwerbung verbessert. Durch das Rechtsanwaltsbüro Bleiberg und Schippert wurden so bis 1999 ca. 20.000 Widerspruchs- und Klageverfahren, bis hin zum Bundessozial- und Bundesverfassungsgericht im Interesse von mehr als 10.000 ISOR Mitgliedern durchgeführt.

30 Jahre ISORIm April 1994 hatte ISOR bereits mehr als 17.000 Mitglieder. Bei der 2. Vertreterversammlung am 14. und 15. Juni 1997 waren es schon 25.000 Mitglieder, die in 180 TIG organisiert waren. Eingeschätzt wurde auf dieser Vertreterversammlung, dass im Zusammenwirken mit anderen Interessenverbänden ein großer Teil des Rentenunrechts beseitigt werden konnte, das aber der Kampf weiter gehen muss, weiter mehr Solidarität und die weitere Stärkung des Verbandes notwendig ist. Auf dieser Versammlung wurde der bisherigen Vorsitzenden Astrid Karger für ihre Arbeit gedankt und ein neuer Vorstand von 15 Mitgliedern unter Vorsitz vom Inspekteur der Zollverwaltung a.D. Horst Parton gewählt, der bis heute als Vorsitzender des Vorstandes ISOR, ein zielgerichtete Arbeit zur Beseitigung des Rentenstrafrechts leistet. Durch eine erfolgreiche Mitgliedergewinnung wuchs  die Mitgliederzahl bis 2001 auf  27.000 Mitglieder.

30 Jahre ISORDie nächsten Jahre waren ein langwieriger Kampf gerichtlicher Auseinandersetzungen um Veränderungen zugunsten der Betroffenen zu erreichen und ein politischer Kampf gegen Hetze, Verleumdungen, Lügen und weiterer Rechtsverletzungen gegen die Angehörigen bewaffneter Organe der DDR und gegen ISOR. Selbst UNO Kritik an den willkürlichen Rentenkürzungen von DDR Bürger haben leider Bundesregierung und Parlament ignoriert. Auch die Gerichte, vor allem das Bundesverfassungsgericht, beugten sich der Politik der Regierung. So dauerten juristische Auseinandersetzungen oft Jahre, ja sogar Jahrzehnte, bis ein annäherndes positives Urteil erreicht wurde. Notwendig war hier  nicht nur Geduld, sondern auch Hartnäckigkeit, juristischer Beistand und auch Geld, wobei hier ISOR als Solidargemeinschaft immer helfen konnte. In der von ISOR im August 2019 veröffentlichen Broschüre „Strafrenten. Markenzeichen des bundesdeutschen Rechtsstaates – eine Dokumentation“ wurden diese unzähligen Aktivitäten, Schreiben, Briefe an die Regierung, die Parteien und den Petitionsausschuss des Bundestages dokumentiert.

Angesicht des weiteren Erstarken des Rechtspopulismus und faschistischer Bewegungen, in der BRD und in Europa, gewinnt die Solidargemeinschaft der ISOR auch hier größere Bedeutung, ist sie doch eine Organisation, die im OKV,  im Verbund mit der GRH, dem Verband zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR, dem Rotfuchs, der GBM und anderen sozialen Vereinen auch politische Heimat Gleichgesinnter und der Verein gegenseitiger Hilfe, Unterstützung und Solidarität ist.
30 Jahre ISORVor allem in der heutigen Zeit, im Kampf für den Frieden in Europa und in der Welt, als  Grundlage sozialer Gerechtigkeit, angesichts verschärfter Kriegspropaganda und Kriegsgefahren, erhöht sich deren Rolle. Davon zeugen  unzählige Aktivitäten der ISOR. Hervorzuheben ist hierbei der Aufruf „Soldaten für den Frieden“, eine Initiative des Verbandes zur Pflege der Traditionen der Nationalen Volksarmee und der Grenztruppen der DDR gemeinsam mit großer Unterstützung der ISOR.  Am 5. Mai 2015 wurde auf einer Pressekonferenz durch die Vorsitzenden der ISOR Horst Parton und des Verbandes zur Pflege der Traditionen der NVA und der Grenztruppen der DDR,  Admiral a.D. Theodor Hoffmann dieser Aufruf der Öffentlichkeit vorgestellt. Sie ist eine national und  international beachtete Stimme gegen Krieg und für den Frieden, die von fast 100 Generäle als Erstunterzeichner, hunderte von Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten der ehemaligen NVA der DDR und besorgten Bürgern aus Deutschland und dem Ausland, in der Sorge um den Frieden und den Fortbestand der Zivilisation, unterschrieben wurden. Dieser Aufruf forderte besonders, sich für  die Erhaltung des Friedens, die Verhinderung von Kriegen einzusetzen und sich gegen die unheilvolle Politik der USA und der EU gegen Russland zu stellen. Dies war und ist immer Anliegen der Mitglieder der ISOR und der mit ihr verbundenen Verbänden und Vereinen.

In den weiteren Jahren des Kampfes unter veränderten Bedingungen, entwickelte ISOR neue Methoden und Arbeitsweisen, um erfolgreich ihre Arbeit fortzusetzen.  Nach einer Mitgliederbefragung votierten über 66 % der Mitglieder für den weiteren Fortbestand von ISOR e.V. und betätigten die Fortsetzung des Kampfes um Rentengerechtigkeit. Unser Vorsitzender Horst Parton drückte dies anlässlich des 25. Jahrestages von ISOR e.V. im Juni 2016 klar aus: Wir geben nicht auf, auch wenn unsere Erwartungen nicht alle erfüllt wurden. Er erinnerte daran, was ISOR stark gemacht und den Zusammenhalt befördert hat, seine Funktion als politische Heimat Gleichgesinnter, die selbstverständliche gegenseitige Hilfe und Unterstützung, die gelebte Solidarität. Das drückte sich auch darin aus, dass viele, deren Rentenprobleme gelöst waren, solidarisch  in der ISOR weiter kämpfen. Diese neuen Herausforderungen wurden auch auf der 7. Vertreterversammlung im Juli 2017 in der Entschließung bestätigt. ISOR wird weiter aktiv den Kampf um die Sicherung des Friedens führen, wobei der Kampf gegen das Rentenstrafrecht und für Rentengerechtigkeit weiterhin Kernstück der Arbeit bleibt, auch wenn es wieder Niederlagen geben kann, wie die höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichts im Dezember 2020 zur Ablehnung des Verpflegungs- und Bekleidungsgeldes als Arbeitsentgelt. Dieser weitere Kampf wird immer mehr ein politischer Kampf, der gemeinsam mit den anderen Partnerverbänden geführt werden muss. ISOR ist zwar parteiunabhängig, aber nicht unpolitisch und deshalb ist es auch Pflicht seiner Mitglieder sich zu positionieren, wenn es um Friedenskampf, Sicherheit, um die Zukunft unserer Kinder und Enkel geht. ISOR, das war und bleibt verantwortungsbewusster Kampf um soziale Gerechtigkeit, gegen Krieg und Kriegshetze, für ein friedliches Miteinander mit allen Völkern und insbesondere mit dem russischen Volk.

30 Jahre ISOR - Das ist ein Rückschau auf einen langen, mit Erfolgen und Niederlagen geprägten Kampf um soziale Gerechtigkeit und Frieden, der uns die Zuversicht gibt, den Gesetzgeber zwingen zu können, Schritt für Schritt auch die noch vorhandenen Ungerechtigkeiten des Voreinigungsvertrages zu korrigieren. Auch wenn ISOR zahlenmäßig kleiner geworden ist, hat sie nicht an Kampfkraft verloren.
Vor allem aber heißt es für diese 30 Jahre  Dank zu sagen an die Gründungsväter der Initiativgemeinschaft, die den Mut hatten, frühzeitig diesen Kampf zu beginnen und an alle diejenigen, die diesen Kampf unterstützten und erfolgreich fortsetzten. Dank und Anerkennung gebührt der ISOR aber auch für die großen materiellen Unterstützungen für viele ihrer Mitglieder und anderen Vereinen.
Wir wünschen allen Angehörigen von ISOR und ihren Familien weiterhin viel Erfolg in der weiteren Arbeit, Glück, Schaffenskraft und beste Gesundheit.

 

                      Sebald Daum                                                                  Manfred Jonischkies
                   Generalmajor a.D                                                                Generalmajor a.D.
    Sprecher des Ältestenrates des vtnvagt                                   Mitglied des Vorstandes der ISOR e.V.

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