Die Völkerschlacht bei Leipzig und die NVA der DDR

von
Kapitän zur See a.D. Horst Kerzig
15.08.2013

In vielen ehemaligen Garnisonen der NVA und der Grenztruppen der DDR haben sich Gruppen ihrer Angehörigen z. T. seit vielen Jahren zusammengefunden und leisten eine vielfältige Arbeit, um die Erinnerung an unseren Ehrendienst wachzuhalten. Teilweise ist das verbunden mit Technikschauen, offenen Veran-staltungen, wie z. B. in Eggesin, Schwerin, Halle, Dresden und Leipzig. Dabei geht es keinesfalls um Nostalgie Ewiggestriger, sondern um Menschen, die viele Jahre ihres Lebens – oft mit vielen Opfern für sie und ihre Familien verbunden – dem Frieden und dem Sozialismus dienten, die berechtigt dafür sorgen wollen, dass die historischen Leistungen unseres Tuns weder verfälscht noch vergessen werden.

Die bewaffneten Kräfte der DDR hatten nicht wenige Bewährungsproben im Verlauf ihrer Geschichte zu bestehen. Es war der 17. Juni 1953, die Schließung der Staatsgrenze in Berlin, die Kuba-Krise, die ständigen Provokationen an der Staatsgrenze zur BRD, denen unsere Grenzer ausgesetzt waren, aber auch Probleme, die sich daraus ergaben, dass unser Projekt – Sozialismus auf deutschem Boden – naturgemäß in vielem Neuland war, mit Irrtümern und Fehlern behaftet.

In unserer Traditionsarbeit werden wir auch nicht vergessen, dass uns die Gegner des Sozialismus politisch, ökonomisch und ideologisch oft gnadenlos bekämpften. Wir überlassen die Deutungshoheit niemandem, der uns bei jeder Gelegenheit verleumdet, uns auf unsere Schwächen reduziert, um unser Leben in den Augen des Volkes „neu“ zu schreiben und uns und den Sozialismus zu diskreditieren. Dafür nutzen wir auch solche Jahrestage wie die 200. Wiederkehr der Schlacht in und um Leipzig.

Auch hier stehen wir wider den Mainstream der Herrschenden. Wenn in Leipzigs Schrift zu diesem Gedenktag Herr Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments, schreibt, dass „schon damals … die Staatenlenker bemüht waren, aus den Verheerungen und Verwüstungen der Kriege die richtigen Schlüsse zu ziehen“, dann muss man dem energisch widersprechen. Sie haben es bis heute nicht getan. Deutsche Soldaten überziehen schon wieder andere Völker mit Krieg. Solange es den Warschauer Vertrag gab, wurde bereits den Anfängen, mit Waffengewalt Weltprobleme lösen zu wollen, Einhalt geboten.

Das Gedenken an die Opfer und die Verwüstungen in der Völkerschlacht (es starben hier mehr als Leipzig damals Einwohner hatte) darf nicht missbraucht werden. Wie viele Reiche darüber denken, zeigt ein Beispiel anschaulich: „Der Erlös aus den schriftlichen Bitten um Spenden an 2000 deutsche Millionäre deckt nicht einmal die Versandkosten“ (aus der o. g. Schrift S. 27).

Wie ernst es „die Staatenlenker“ mit den richtigen Schlüssen meinten, zeigt auch die Tatsache, dass ein knappes Jahr nach der Weihe des Völkerschlachtdenkmals von Leipzig das kaiserliche Deutschland den Ersten Weltkrieg verschuldete.

Leipzigs Oberbürgermeister, SPD-Politiker Jung, schreibt „Wir feiern ein großes Fest des Friedens und der Verständigung“ und vergisst dabei, dass deutsche Soldaten schon wieder im Krieg sterben.

Wir ehemaligen Angehörigen der NVA und der Grenztruppen der DDR gedenken aus Anlass dieses Jahrestages des heroischen Kampfes der deutschen und preußischen Patrioten – Freiherr von Stein, Scharnhorst, Gneisenau, aber auch Marschall Blücher u. a. – die gemeinsam mit ihren russischen, österreichischen, schwedischen und englischen Waffenbrüdern Napoleon die zweite große Niederlage – nach Borodino– beibrachten.

Wir handeln damit auch im Sinne der Großen französischen Revolution von 1789. Wenn die höchste militärische Auszeichnung der DDR der Scharnhorst-Orden war, wenn wir den Kunstpreis der NVA nach Theodor Körner benannten, dann zeugt das von unserem Traditionsverständnis. Sicher, auch die Bundeswehr erinnert an Scharnhorst, aber auch an Rommel, Dietl, Tirpitz und viele andere Parteigänger Hitlers.

Allein über 40 Traditionsverbände der Waffen-SS trieben ihr Unwesen in Westdeutschland. In der DDR – undenkbar. Auch dafür standen wir als Soldaten des Friedens und des Sozialismus.

Wir wollen die Gedenktage um die Völkerschlacht in Leipzig mit begehen, aber im Sinne und Vermächtnis der Völkerverständigung – besonders mit den Völkern Russlands und Frankreichs, denn wir haben schon lange den richtigen Schluss aus dem damaligen Gemetzel gezogen: von deutschem Boden darf niemals wieder Krieg, sondern nur Frieden ausgehen.

Wir dienten in der NVA und den Grenztruppen der DDR dafür mit den Waffen in der Hand. Heute ist uns die Sprache, das Wort als Waffe geblieben. Wir sollten es richtig nutzen, das gilt auch jenen, die vor lauter Selbstsucht das gemeinsame Anliegen mitunter vergessen. Auch aus diesem Anlass heißt es Gemeinsames über Trennendes zu stellen, um – gleich an welchem Platz wir gedient haben -, unter Beweis zu stellen, dass wir aus der Geschichte gelernt haben und ihre Deutung niemanden überlassen.

Der Befreiungskrieg 1813 war für das deutsche Volk ein Akt des erwachten Selbstbewusstseins, sich gegen jegliche Unterdrückung zu wenden. W. I. Lenin würdigte diese Haltung in seiner Schrift „Seltsames und Ungeheuerliches“ hoch.

(W. I. Lenin Ausgewählte Werke Bd. II S. 319)

Es muss heute Anlass sein, gegen Verfälschungen und Nationalismus aufzutreten, reaktionäre Missdeutungen nicht zuzulassen. Es wird Zeit, dass deutscher Boden von allen ausländischen Truppen verlassen wird. Dann werden wir das Vermächtnis der deutschen Patrioten von Stein, Scharnhorst, von Lützow u. a. am besten erfüllen.

 

Heinz Bilan

Generalmajor a.D.

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