Gauck und die Taliban

 

Ein Sturm der Entrüstung geht durch die bürgerliche Presse, wie kann sich Herr Todenhöfer erdreisten, eine Karikatur des Bundespräsidenten ins Netz zu stellen. Die „Leipziger Volkszeitung“ titelt zum Beispiel: „Todenhöfer vergreift sich im Ton“ bzw. „Tödenhöfer verunglimpft Gauck als Taliban“. Im Kommentar unter der ersteren Überschrift wird zumindest unterstrichen, dass die Positionen des Bundespräsidenten der Debatte bedürfen.

Dazu einige persönliche Gedanken.

Ich gehöre dem Jahrgang 1945 an. Die Jahre meines Erwachsenwerdens waren von der Prämisse geprägt, von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Diese Überzeugung teilten wohl die Deutschen in Ost und West gleichermaßen, hatten sie doch am eigenem

Leib erfahren müssen was Krieg bedeutet. Nicht zuletzt deshalb sind im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland alle militärischen Aussagen mit dem Verteidigungsfall verknüpft. Aber der Zweite Weltkrieg liegt offensichtlich für einige Politiker und auch Journalisten schon zu weit zurück, anders lässt sich das leichtfertige Umgehen mit den Begriffen Kriegseinsätze, Kollateralschäden u.a. nicht erklären. Leider reiht sich da unser (gewiss nicht aller deutschen) Bundespräsident an vorderster Stelle mit ein. Sein Auftreten in München bzw. die von der LVZ zitierte Forderung Gaucks des Einsatzes von Militär als letztes Mittel, sprechen eine deutliche Sprache.

Diese Positionen sollten nicht nur Herrn Todenhöfer empören. Natürlich ist seine Darstellung eine (gelungene) Zuspitzung, aber ihn unterscheidet eines von Herrn Gauck: Er war selbst an den Brennpunkten im Irak und in Afghanistan und hat die Not und das Elend dieser völkerrechtswidrigen Kriege kennen gelernt, wer seine Bücher liest, der bleibt nicht unberührt. Den Entwicklungsweg von Jürgen Todenhöfer verfolgend, kann man feststellen, dass er im besten Sinne des Wortes lernfähig war und ist. Eine Eigenschaft, die man unseren Politikern in der Gegenwart nicht gerade bescheinigen kann. Die Ukraine-Krise ist dafür das aktuelle Beispiel. Die gegenwärtige Lage an den verschiedensten Brennpunkten der Welt zeigt, dass mit Krieg keine, aber auch gar keine Probleme zu lösen sind. Aber vielleicht sollte man auch nur ganz einfach die Frage stellen, wem nützt das Kriegsgeschrei und die damit geschürten Konflikte? Wer reibt sich die Hände bei jeder abgeschossenen Patrone oder Rakete? Aber die Politiker sind weit weg, wie auch die eigentlichen Profiteure.

Insofern ist mir jemand, der sich vielleicht auch im Ton vergreift, bedeutend lieber, als ein offensichtlich leidenschaftlicher Vertreter militärischer Gewalt.

 

Friedemann Munkelt

Oberst a.D.

 

 

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