Zur Sache und zur Person

von Oberst a.D. Bernd Biedermann

Der Beitrag „Lauschangriff aus Dessau“, den der MDR am 12. September 2017 gesendet hat, löste unter den ehemaligen Angehörigen der NVA unterschiedliche Reaktionen und Diskussionen aus. Über den Fähnrich a.D. Peter Blümer, der maßgeblich an der Entstehung der 30-minütigen Sendung des Redakteurs Peter Simank beteiligt war, brach danach ein regelrechter „Shitstorm“ herein, so als ob er den Inhalt bestimmt hätte.

Zur Sache
Gleich zu Beginn des Beitrags wird der Fokus auf die Funk- und Funktechnische Aufklärung gerichtet. Das noch immer gut erhaltene Verwaltungsgebäude der Junkers-Werke, in dem das Funk-Aufklärungs-Regiments-2 der NVA untergebracht war, wird von außen und innen gezeigt. Der Zuschauer erfährt, wo wer sein Dienstzimmer hatte und was in den einzelnen Stockwerken vor sich ging. Im Kommentar wird darauf verwiesen, dass die Militäraufklärung der Nationalen Volksarmee weitgehend unbekannt war. Sie sei „ein Schatten an der Wand“ und ein „Supergeheimdienst“ gewesen. Die Behauptung, man wäre im Westen sehr gut im Bilde gewesen, war wenig überzeugend. Der Vergleich mit der BND-Zentrale in Pullach ist jedenfalls nicht zutreffend. Nahezu jeder Interessierte in Ost und West wusste, wer dort saß, während kaum jemand den Standort der Verwaltung Aufklärung der NVA kannte. Selbst die meisten Generale unserer Armee wussten nicht wo er sich befand und haben das Objekt des „Mathematisch-Physikalischen Instituts“ in der Oberspreestraße in Köpenick niemals betreten. Relativ sachlich waren die mehrfachen Ausführungen des dänischen Historikers, Prof. Thomas Wegener-Friis.
Als Beispiel für den Bereich der Agentur-Aufklärung wurde über Dieter Popp berichtet und gezeigt, wie er heute lebt und denkt. Er war zusammen mit seinem Partner eine der besten Quellen, die wir beim Gegner hatten. Auch nach vier Jahren Haft und widrigen Lebensumständen ist er seinen Überzeugun-gen treu geblieben. Dafür sollten wir ihm unsere Anerkennung deutlich zeigen.
Die anderen wesentlichen Strukturelemente unserer Aufklärung wurde überhaupt nicht dargestellt. Auch die Tatsache, dass die Ergebnisse ihrer Tätigkeit im Informationsdienst zusammenliefen, wo sie computergestützt ausgewertet und zusammengefasst wurden, blieb unerwähnt. Der Leiter des ID war ein allseitig gebildeter und erfahrener Offizier.
Relativ ausführlich und auch weitgehend sachlich wurde über Klietz berichtet. Dort befand sich die Lehreinrichtung der Aufklärung, die zuletzt den Status eines Instituts der Militärakademie „Friedrich Engels“ hatte.
Gezeigt wurde auch die speziell für die Aufklärung modifizierte An-26. In typischer journalistischer Übertreibung wird sie als AWACS der DDR bezeichnet, was sie nicht war und wie sie auch von uns nie genannt wurde.
Um unsere Armeeaufklärung einigermaßen identisch darzustellen, wäre eine mehrstündige Sendung erforderlich gewesen. Allein der Untertitel des einzigartigen Buches von Bodo Wegmann über die Militäraufklärung der NVA „Die zentrale Organisation der militärischen Aufklärung der Streitkräfte der Deutschen Demokratischen Republik“ macht deutlich, worum es eigentlich geht.
Unsere Militäraufklärung betrieb alle Arten der militärischen Aufklärung, einschließlich der kosmischen. Die Ergebnisse unserer Aufklärung wurden an die politische und militärische Führung weitergeleitet.
Das  alles in einem 30-minütigen TV-Beitrag darzustellen, käme der Quadratur des Kreises nahe.  

Zur Person
Peter Blümer verdanken wir ganz wesentlich, dass es den Band IV der Reihe Geheime Nachrichtendienste „Die „Funk- und Funktechnische Aufklärung (FuAR-2/ZFD) – ehemalige Aufklärer berichten“ überhaupt gibt. Ihm ist es gelungen, fünf ehemalige leitende Angehörige dieses Dienstes zur Mitarbeit an diesem Buch zu gewinnen. Darüber hinaus hat er selbst das Vorwort und einen wichtigen Beitrag geschrieben und eine umfangreiche Fotoserie zusammengestellt.
Jeder, der schon einmal an einem Fernsehbeitrag mitgewirkt hat, weiß wie schwierig, um nicht zu sagen unmöglich es ist, Journalisten von ihrer vorgefassten Meinung abzubringen. Am Ende schreiben oder zeigen sich doch nur das, was in ihr Konzept passt.   

Mein Fazit
Die Sendung des MDR vom 12.9. des Jahres war mit Abstand die beste von allen, die bisher von den öffentlich Rechtlichen dieser Republik zum Thema NVA gezeigt wurde. Sie war keineswegs feindlich oder einseitig und  voreingenommen, ganz im Gegensatz zu den sonst üblichen Klischees.
Wer sich genauer über unsere Militäraufklärung informieren möchte, sollte die folgenden Bücher des Verlags Dr. Köster lesen:

  • Die Militäraufklärung der NVA – Die zentrale Organisation der militärischen Aufklärung der Streitkräfte der DDR
  • Die Militäraufklärung der NVA – ehemalige Aufklärer berichten
  • Offizier, Diplomat und Aufklärer der NVA – Streiflichter aus dem Kalten Krieg
  • Die Militäraufklärung der NVA – Die Funk- und Funktechnische Aufklärung (FuAR-2/ZFD) – ehemalige Aufklärer berichten