Eine Dokumentation zum Militärtransportwesen der NVA

Die einstigen Dienststellen „Bezirkstransportkommandantur“ dürften heutzutage selbst hochgradig Interessierten an der NVA-Militärgeschichte eher unbekannt sein. Eine von Gerhard Hoim zusammengestellte Dokumentation über eine solche Dienststelle kann da durchaus Abhilfe schaffen. Der frühere Leiter der Erfurter Bezirkstransportkommandantur (von 1975 bis 1986) vermittelt hierin aus seiner Sicht vielfältige Einblicke in die Tätigkeit dieser Dienststelle und spart dabei die Verbindungen zu anderen Einrichtungen eben so wenig aus, wie das gesellschaftliche Engagement oder die Freizeitgestaltung seiner Mitarbeiter.

Zahlreiche Fotos, Grafiken, Landkarten und Faksimiles von Gesetzen, Ordnungen, Dienstvorschriften, Befehlen, Formularen und weiteren Dokumenten unterstützen Hoims knapp gehaltenene Texte und sorgen so für augenscheinliches Verständnis. Gerhard Hoim wendet sich in seiner Arbeit u.a. diesen Fragen zu wie: Was wäre eine solche militärische Dienststelle ohne zivile Partner gewesen? Wer beteiligte sich an Schadensverhütungsmaßnahmen bei Militärtransporten? Wer nahm entstandene Schäden auf? Und vor allem: Wer regulierte diese Schäden zur Zufriedenheit der geschädigten Bürger und Betriebe? Wer stellte was, wie und wann wieder her? Hoim spart dabei das heikle Thema „Schäden durch Marsch-Kolonnen der Sowjetarmee“ keinesfalls aus.

Zunächst aber wird gut zusammengefasst ein Überblick über den Platz und die Einordnung sowie die konkreten Aufgabenstellungen dieser Bezirkskommandanturen innerhalb des Militärtransportwesens gegeben und warum sie 1971 gegründet worden sind. Später geht es dann zu den Gründen ihrer Auflösung im Jahre 1986. Die Erfurter Kommandantur hatte insgesamt drei Leiter: Hauptmann Hermann von Berg (1971-1973) - später als promovierter Oberst an der Dresdner Verkehrshochschule tätig, Oberstleutnant Willi Makkus (1973-1975) und schließlich Gerhard Hoim selbst, zuletzt im Range eines Oberstleutnants. Breiten Raum nehmen auch die Waffenbrüderschaft zur in Thüringen dislozierten 8. Garde-Armee der Sowjetarmee und zum Militärtransportwesen der Tschechoslowakischen Volksarmee ein, einschließlich der privaten Kontakte und Freundschaften. Hoim freut sich insbesondere darüber, dass nicht wenige der seinerzeit geschlossenen Freundschaften die „Zeitenwende“ überstanden haben und noch heute gepflegt werden.

Natürlich darf auch ein Überblick über die Struktur der Kommandantur nicht fehlen, die übrigens nur sieben Offiziere und Mannschaftsdienstgrade sowie drei Zivilbeschäftigte umfasste, und ihren Sitz in der (zivilen) Bezirksdirektion für Straßenwesen hatte.

Die Auflösung aller Bezirkskommandanturen sei 1986 völlig überraschend erfolgt und habe bei den Militärs – auch denen der Waffenbrüder –  „für Kopfschütteln gesorgt“, heißt es bei Hoim. Er selbst schied im November 1987 aus dem aktiven Wehrdienst aus und nahm in der Bezirksdirektion für Straßenwesen eine (zivile) Tätigkeit als „Mitarbeiter Marschstraßen“ auf und konnte so durchaus einen Teil seiner früheren Arbeit fortsetzen. Und eine weitere Fortsetzung – allerdings nun unter völlig anderen gesellschaftlichen Verhältnissen und mit einer gänzlich anderen Armee – gab es für Hoim ab 1990, als er im neugebildeten „Thüringer Landesamt für Straßenbau“ als „Sachgebietsleiter mit den Pflichten „Verbindungsstelle Bundeswehr (Transportsicherstellung) und Notfallplanung/Krisenvorsorge der zivilen Verteidigung“ tätig wurde – dies bis zur regulären Berentung im Jahre 2002.

Es freut durchaus zu lesen, dass sich die ehemaligen Offiziere des NVA-Militärtransportwesens nach 1989/90 nicht aus den Augen verloren haben und sich regelmäßig zu Erfahrungsaustauschen und geselligen Veranstaltungen treffen. Dazu siehe man z.B. den Anhang 17 über ein Treffen im Jahre 2006, auf der ein „Abriss zur Geschichte des Militärtransportwesens“ (in Folge entstand daraus im Jahre 2008 eine Buchpublikation) vorgestellt worden ist. In der Diskussion sprach damals auch Generalleutnant a.D. Manfred Grätz.

Der Autor Gehard Hoim wurde 1937 in Gleiwitz/Oberschlesien geboren und kam 1945 nach Chemnitz. Hier besuchte er die Schule und erlernte den Beruf eines „Betriebs- und Verkehrseisenbahners“. Im Jahre 1957 meldete Hoim sich freiwillig zur NVA und absolvierte 1960 die Dessauer Offiziersschule (für Pioniere) in der Fachrichtung Militärtransportwesen. Zunächst diente er bei Dienststellen des Eisenbahntransportwesens in Dresden, Erfurt und Karl-Marx-Stadt, bis er 1971 wieder nach Erfurt zu der neugegründeten Kommandantur kam. Während seiner Dienstzeit qualifizierte sich Gerhard Hoim im Fernstudium noch zum Ingenieur für Eisenbahn-Betriebs- und Verkehrstechnik.

Siegfried R. Krebs


Gerhard Hoim: Die Militärtransportkommandantur – Eine Dienststelle der Nationalen Volksarmee. Mit einem Vorwort von Oberst a.D. Klaus Zibulski166 S. brosch. Selbstverlag. Erfurt 2014. Schutzgebühr 20 Euro.
Bestell-Adresse: Gerhard Hoim, Wachsenburgweg 32, 99094 Erfurt

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